Medizin

Grippe: Niedrige Impfquote bei Klinikärzten, Pflegekräften und therapeutischen Berufen

  • Montag, 28. November 2016
Uploaded: 28.11.2016 17:31:06 by mis
dpa

Berlin – Nur vier von zehn Beschäftigten an zwei Universitätskliniken im Osten Deutsch­lands haben sich im letzten Jahr gegen Grippe impfen lassen. Selbst in der Ambulanz oder auf Intensivstationen, wo Ärzte und Pflegepersonal ihre Patienten leicht anstecken können, war die Impfquote laut den Ergebnissen der im Epidemiologischen Bulletin (2016; doi: 10.17886/EpiBull-2016-068) veröffentlichten Online-Umfrage niedrig.

Wie auch die Gesundheitsbehörden der meisten anderen Länder rät die Ständige Impfkommission (STIKO) Ärzten und Pflegepersonal, an der jährlichen Grippeimpfung teilzunehmen. Der Grund ist weniger der Schutz vor einer Erkrankung. Das Risiko einer schweren Influenza ist bei gesunden Menschen im erwerbstätigen Alter gering. Die Erkrankung wird in der Regel als normale Erkältung wahrgenommen.

Für die betreuten Patienten kann eine Ansteckung jedoch tödlich sein. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass die Grippeimpfung des Personals die Mortalität der Patienten senken kann. Mitarbeiter der US-Centers for Disease Control and Prevention errechneten kürzlich in einer Meta-Analyse eine Risk Ratio von 0,71 für die Gesamtmortalität und von 0,58 für die Sterblichkeit an Influenza und Folgekrankheiten (Clinical Infectious Diseases 2014; 58: 50-57).

Angesichts dieser Risiken sind die Impfquoten niedrig, wie aktuell eine Online-Umfrage des Robert Koch-Instituts zeigt. Bereits die Bereitschaft, den Fragebogen zu beant­worten, war kaum vorhanden. Von den etwa 8.000 bis 9.000 Klinikmitarbeitern füllten nur 1.827 den Fragebogen aus. Dies ergibt eine Response-Rate von nur etwa 21 Prozent, die die Ergebnisse mit Fragezeichen versieht.

Das Team um Alexandra Sarah Lang vermutet, dass an der Umfrage überwiegend Personen teilgenommen haben, die sich für das Thema interessieren und sich deshalb eher impfen lassen als Personen, die nicht an der Umfrage teilnahmen. Die Impfquote könnte deshalb noch niedriger sein, als die Umfrage aus der Wintersaison 2015/2016 anzeigt.

Etwa 40 Prozent der Befragten gaben an, dass sie an der aktuellen Grippeimpfung teilgenommen hatten. Am höchsten war die Impfquote bei Ärzten mit 56 Prozent. Das Pflegepersonal hatte sich zu 34 Prozent und die therapeutischen Berufe zu 35 Prozent impfen lassen. Das berufliche Umfeld mit der höchsten Impfquote war der ambulante Bereich mit 48 Prozent. Das ist laut Lang zu begrüßen, da die Gefahr, abwehr­geschwächte Patienten anzustecken, in Ambulanzen sehr hoch ist. Dies gilt auch im Operationssaal oder auf Intensivstation. Die Impfquote lag in diesem Bereich jedoch mit 39 Prozent nur im Durchschnitt.

Die Beschäftigten wurden auch nach ihren Motiven für die Teilnahme oder die Nicht­teilnahme an der Impfung gefragt, die an beiden Kliniken vom betriebsärztlichen Dienst angeboten wird. Das wichtigste Motiv für die Impfung war in allen Berufsgruppen der Schutz des persönlichen Umfelds. An zweiter Stelle folgte der Schutz der Patienten. Für die Ärzte waren beide Gründe gleichwertig. Pflegepersonal und therapeutische Berufe nannten den Schutz der Patienten etwas seltener.

Auch bei den Gründen für die Nichtteilnahme gab es Unterschiede. Bei Ärzten standen organisatorische Gründe und Zeitmangel an erster Stelle. Das Pflegepersonal hatte eher Angst vor den Nebenwirkungen, während die therapeutischen Berufe die Grippe für sich als ungefährlich einstuften und deshalb keinen Grund für eine Impfung sahen.

Deutschland ist nicht das einzige Land mit einer niedrigen Impfquote im Gesundheits­wesen. Laut einem Survey des European Center for Disease Prevention and Control (ECDC) haben sich europaweit in der Saison 2012/2013 weniger als 40 Prozent impfen lassen. In Frankreich betrug die Impfquote in einer anderen Untersuchung sogar nur 22 Prozent. US-Ärzte verhalten sich hier vorbildlicher. In einer Online-Befragung der Saison 2013/2014 lag die Impfquote bei 72 Prozent.

rme

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