Großer Andrang auf Cannabisclubs

Berlin – Angesichts der geplanten bundesweiten Freigabe von Cannabis finden sich bereits jetzt vielerorts Menschen zu sogenannten Cannabis Social Clubs (CSC) zusammen. In einigen Bundesländern ist der Run so groß, dass die Clubs keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen.
„Seit der Ankündigung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach im April, dass sich im Hinblick auf die Cannabislegalisierung etwas tun wird, wurden wir von Mitgliedsanträgen überrannt. Inzwischen haben wir beschlossen, keine neuen Mitglieder mehr aufzunehmen“, sagte etwa der Vorsitzende des CSC Stuttgart, Julen Merino.
Der Verein habe inzwischen fast 470 Mitglieder. Zusammen mit am Anbau interessierten Mitgliedern habe man eine Task-Force-Anbau gegründet, hieß es beim CSC Stuttgart. Diese Arbeitsgruppe kümmere sich darum, den gemeinschaftlichen Anbau theoretisch zu planen und werde sich mit Eintreten des Gesetzes auch um die Anbaupraxis kümmern.
Laut dem Dachverband deutscher Cannabis Social Clubs (CSCD) sind die meisten CSC in Baden-Württemberg sehr jung. „In aller Regel lagen die Mitgliederzahlen im April im einstelligen oder niedrigen zweistelligen Bereich. Ich weiß von einigen Clubs, dass sie so viele Anfragen haben, dass es einen offiziellen Mitgliederstopp gibt“, sagte CSCD-Vorstand Steffen Geyer. Aktuell gibt es in Baden-Württemberg 15 Clubs, mit denen der deutsche Dachverband in Kontakt stehe.
Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) sieht bei Landwirten in Deutschland großes Interesse an der Legalisierung von Cannabis. „Viele Bäuerinnen und Bauern stehen in den Startlöchern, um Hanf anzubauen“, sagte der Grünen-Politiker in einem Medienbericht.
Die Sprecherin des Landesbauernverbandes in Stuttgart erklärte dazu: „Wenn es entsprechend umgesetzt wird, dass es für Landwirte machbar ist, kann ich mir gut vorstellen, dass das Bauern auch machen.“ Man wisse aber noch nicht, wie die Voraussetzungen sein werden und welche Auflagen es geben werde.
Eine Zusammenarbeit mit den Social Clubs wäre aus Sicht des Generalsekretärs des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, im Prinzip möglich. Sie würde aber einen erheblichen bürokratischen Aufwand mit sich bringen.
„Abgesehen davon dürfte sich die nachgefragte Menge in Grenzen halten. Wir reden also über ein Nischenprodukt mit vielen Hürden im Anbau und einem hohen Sicherheitsaufwand. Dies dürfte bei den Landwirten auf überschaubares Interesse stoßen“, sagte Krüsken.
„Es ist absehbar, dass es in jeder größeren Stadt so einen Verein geben wird“, sagte auch der Landessprecher des Hanfverbands Thüringen, Friedemann Söffing. Er gehe von 2.000 bis 3.000 Menschen aus, die Lust hätten, einen CSC zu gründen.
Nicht nur in Erfurt oder Weimar, sondern auch in kleineren Städten wie Weida, Arnstadt oder Saalfeld gebe es solche Bestrebungen. Noch seien aber wenige Vereine tatsächlich gegründet, da es noch kein fertiges Gesetz gebe und die Interessierten Repressalien befürchteten.
Die Bundesregierung plant die Legalisierung von Cannabis in einem gewissen Rahmen. Ein Gesetzentwurf sieht vor, dass grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis für über 18-Jährige und der Anbau von maximal drei Pflanzen zum Eigenbedarf erlaubt werden sollen.
Einen freien Verkauf der Droge in spezialisierten Geschäften, wie anfänglich diskutiert worden war, soll es aber nicht geben. Cannabis soll stattdessen in genannten Clubs gemeinschaftlich angebaut und abgegeben werden dürfen.
Räume und Grundstücke der Clubs, in oder auf denen die Droge gelagert und angebaut wird, müssen umzäunt und gesichert werden, etwa mit einbruchsicheren Türen und Fenstern. Gewächshäuser brauchen einen Sichtschutz. Cannabisvereine müssen Sucht- und Präventionsbeauftragte benennen und sicherstellen, dass Grenzwerte für Pflanzenschutz- oder Düngemittelrückstände eingehalten werden.
Cannabis darf nur an Mitglieder ausgegeben werden, maximal 50 Gramm im Monat und nur in einer „neutralen Verpackung“, damit es für Jugendliche keine „Konsumanreize“ gibt, wenn sie diese zu sehen bekommen. Ein Beipackzettel mit Angaben zu Gewicht, Erntedatum, Mindesthaltbarkeitsdatum, Sorte sowie Wirkstoffgehalt soll Pflicht sein.
Übermorgen will sich das Bundeskabinett mit dem Gesetzentwurf befassen. Es werde „noch kleine Änderungen“ geben, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kürzlich. Details nannte er nicht.
Der Deutsche Richterbund (DRB) hat seine Kritik an der geplanten Legalisierung bekräftigt. Der Entwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für ein Cannabisgesetz sei nicht geeignet, um die von ihm ausgerufenen Ziele zu erreichen, teilte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn mit.
„Insbesondere wird die Justiz durch die Gesetzespläne nicht entlastet, sondern eher zusätzlich belastet. Das sehr kleinteilige Gesetz würde zu einem hohen behördlichen Kontrollaufwand, zu zahlreichen neuen Streitfragen und zu vielen Verfahren vor den Gerichten führen.“
Rebehn sagte zugleich, es sei kaum zu erwarten, dass der Schwarzmarkt durch die Ampelpläne zurückgedrängt wird. „So sollen der Erwerb und der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis künftig unabhängig von der Bezugsquelle straflos bleiben. Weil der Eigenanbau oder ein Bezug über Anbauvereinigungen aber einige Hürden hat, dürfte auch die Nachfrage auf dem Schwarzmarkt im Sog des Cannabisgesetzes wachsen.“
Auch die Ärzteschaft hat sich mehrfach kritisch zu den Cannabisplänen der Bundesregierung geäußert.
Die Deutschen sind geteilter Meinung zu der von der Bundesregierung geplanten begrenzten Legalisierung von Cannabis. In einer Umfrage des Instituts Civey für den Spiegel sprachen sich 45 Prozent gegen eine Freigabe aus. 40 Prozent stehen einer Freigabe positiv gegenüber, 15 Prozent sind unentschieden.
Eine große Mehrheit der Deutschen sieht sich persönlich nicht von dem Vorhaben betroffen. Laut Umfrage kommt es für 76 Prozent auch nach einer Legalisierung nicht infrage, Cannabis zu konsumieren. 17 Prozent können sich demnach aber vorstellen, Gras oder Haschisch zu sich zu nehmen, nachdem die Regierung ihr Vorhaben umgesetzt hat.
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