Ausland

Haiti: Mutmaßlicher Überfall auf Krankenhaus sorgt für Entsetzen

  • Donnerstag, 16. November 2023

Port-au-Prince – Eine bewaffnete Bande hat offenbar gestern in Haiti ein Krankenhaus gestürmt und Frauen, Kinder und Neugeborene als Geiseln genommen. „Wir sind in großen Schwierigkeiten“, sagte Jose Ulysse, Gründer und Direktor des Krankenhauses Fontaine im Armenviertel Cite Soleil in der Hauptstadt Port-au-Prince, laut der Zeitung Listin Diario gestern.

In den Sozialen Netzwerken sprach Ulysse davon, dass Hunderte Krankenhauspatienten als Geiseln genomm­en worden seien. Eine unabhängige Bestätigung für diese Information gibt es allerdings nicht. Das Kranken­haus gilt als letzte Zuflucht in einem der gefährlichsten Armenviertel Haitis, in dem sich Banden brutale Käm­pfe liefern.

Immer wieder gibt es Berichte über Vergewaltigungen, Folter und Gewalt gegen Bewohner. Besonders Frauen und Mädchen sind den Übergriffen der meist männlichen Bandenmitglieder völlig schutzlos ausgeliefert. Laut Listin Diario macht Ulysse die sogenannte „Brooklyn-Gang“ für den Überfall verantwortlich. Die „Brooklyn-Gang“ soll Berichten zufolge etwa 200 Mitglieder haben.

In einem jüngst erschienenen UN-Bericht werden der Bande Erpressung, Entführung, Raub und allgemeine Gewalt gegen Zivilisten vorgeworfen. Die Bande und ihre Verbündeten hätten ihre Zusammenarbeit stark aus­gebaut und ihre Einkünfte insbesondere durch Entführungen gegen Lösegeld diversifiziert. Das habe ihnen ermöglicht, ihre Kampfkapazitäten zu stärken, heißt es in dem UN-Bericht.

Die seit Monaten außer Kontrolle geratene Gewalt hat sich auch in der Mordrate niedergeschlagen. Im dritten Quartal stieg die Zahl der registrierten gewaltsamen Tötungsdelikte von 577 (2022) auf 1.239 im laufenden Vergleichszeitraum; eine neue Höchstmarke, wie es in einem dazu veröffentlichten Bericht der Vereinten Nationen heißt.

Auch die Zahl der Entführungen nahm den Angaben zufolge deutlich zu. Unter den 701 Entführten seien 221 Frauen, acht Mädchen und 18 Jungen. Die UN gehen davon aus, dass 60 Prozent des Stadtgebietes von Port-au-Prince von bewaffneten Banden kontrolliert werden.

Die Hiobsbotschaften aus dem Karibikstaat reißen nicht ab. Haiti leidet laut UN-Angaben unter einer noch nie da gewesenen Nahrungsmittelknappheit. Fast die Hälfte der Bevölkerung, etwa 4,9 Millionen Menschen, habe nicht genug zu essen, um gesund zu überleben.

Das ärmste Land der westlichen Hemisphäre wurde zudem in den vergangenen Jahren von Naturkatastrophen wie Erdbeben und Wirbelstürmen erschüttert. Zuletzt kam noch eine Cholerawelle mit Hunderten Toten hinzu.

Die politische Lage auf Haiti ist extrem instabil. Im Juli 2021 war Staatspräsident Jovenel Moise ermordet wor­den; Neuwahlen sind seit Jahren ausgesetzt. Haitis Parteien gelten als hoffnungslos zerstritten. Das Nachbarland Dominikanische Republik schloss als Folge eines diplomatischen Streits sowie wegen anhalten­der Migration aus Haiti die Grenze. Die UN wollen seit längerem eine internationale Sicherheitsmission ins Land schicken, kommen bei dem Vorhaben aber nicht richtig voran.

kna

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