Hartmannbund sieht Digitalisierung der Krankenhäuser durch Krankenhausreform in Gefahr

Berlin – Der Hartmannbund warnt davor, dass das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) durch die aktuelle Fokussierung auf die Krankenhausreform aus dem Blick geraten könnte. Eine Reihe von Anpassungen der digitalen Infrastruktur, die das KHZG vorsieht, müssten bereits Anfang 2025 abgeschlossen sein, anderenfalls drohten Abschläge. Bislang blieben die Krankenhäuser jedoch weit hinter den Erwartungen zurück.
Bei einer kürzlich durchgeführten Umfrage des Berufsverbandes unter 300 Klinikärzten zeigte sich, dass die Mehrzahl der Häuser Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Digitalisierungsvorgaben hat. 56 Prozent der Befragten berichteten von Verzögerungen bei der Beschaffung und Vergabe von notwendigen Komponenten, mehr als ein Viertel verwies auf Lieferschwierigkeiten beziehungsweise ausgelastete Kapazitäten der Industrie.
Begrenzte Umsetzungskapazitäten
„Auch wenn der Wille da ist und selbst wenn das Geld vorhanden wäre, sind die Umsetzungskapazitäten begrenzt“, sagte Moritz Völker, Vorsitzender der Jungen Ärztinnen und Ärzte im Hartmannbund in Hinsicht auf die Einführung der digitalen Dienste. „Die Förderbescheide benötigen Zeit, die entsprechenden Unternehmen sind ausgelastet und die Kliniken müssen auf die Umsetzung warten“.
Wenn man nehmen müsse, was man bekomme, um die Anforderungen des Gesetzes fristgerecht zu erfüllen, drohe der Mehrwert der Digitalisierung verlorenzugehen, sagte Galina Fischer, Vorsitzende des Arbeitskreises Stationäre Versorgung im Hartmannbund. „Das kann ein Hemmschuh für die Zukunft sein, weil am Ende undurchdacht digitalisiert wird und die Prozesse kompliziert und insuffizient bleiben könnten“, betonte sie.
Aus der Umfrage geht hervor, dass die Ärztinnen und Ärzte durchaus offen für neue Technologien sind. So sehen vier von fünf Befragten in den digitalen Diensten einen unmittelbaren Nutzen für die Patientenversorgung, mehr als 70 Prozent erkennen eine entlastende Funktion in den alltäglichen Arbeitsabläufen.
Fehlende Benutzerfreundlichkeit
80 Prozent der Umfrageteilnehmer berichten jedoch, dass die aktuell verwendete Software im Krankenhaus nicht ihre Erwartungen erfülle. Für mehr als 60 Prozent ist das Krankenhausinformationssystem (KIS) nicht benutzerfreundlich. Bei 50 Prozent der Befragten stünden nicht ausreichend Computer an den Arbeitsplätzen zur Verfügung.
Ein Patientenportal nutzten nur 13 Prozent der Befragten, bei weiteren 6 Prozent sei dieses in der Umsetzung. Den Vorgaben des KHZG zufolge muss das Portal bis 1. Januar 2025 jedoch zwingend vorliegen. „Wie die Politik mit dieser Realität umgehen will, sollte dringend geklärt werden, auch, um den Kliniken Planungssicherheit zu geben“, sagte Völker.
Das aktuelle Vorgehen inklusive der drohenden Abschläge bei Nichtumsetzung des KHZG könne hingegen spürbare Folgen für die Kliniklandschaft haben, da voraussichtlich nur eine Minderheit der Krankenhäuser die Vorgaben voll erfüllen werde, so Fischer und Völker.
Fischer betonte: „Selbst, wenn es gelingen sollte, besteht die Gefahr, dass es am Ende wieder Datensilos werden, die der Interoperabilität erneut nur begrenzt zur Verfügung stehen und auch patientenunfreundlich sind“.
Ein Problem sehen Völker und Fischer in der parallel geplanten Krankenhausreform. Einige Häuser, die bereits Geld in die Digitalisierung gesteckt hätten, könnten bald möglicherweise nicht mehr vollumfänglich an der Versorgung teilnehmen. Die genutzten Ressourcen, die an anderer Stelle gebraucht würden, seien dann vielleicht unnötig verbraucht worden. „Was wir beobachten, sind zwei parallel ablaufende, aber unkoordinierte Vorgänge“, kritisierten Fischer und Völker. „Das darf die Politik nicht einfach laufen lassen“.
Im Rahmen des KHZG sollen die Krankenhäuser Patientenportale für ein digitales Aufnahme-, Behandlungs- und Entlassmanagement bereitstellen, Systeme zur digitalen Dokumentation von Pflege- und Behandlungsleistungen anbieten und digitale Entscheidungsunterstützungssysteme, Systeme für ein digitales Medikationsmanagement sowie Systeme zur digitalen Anforderung von Leistungen vorweisen können.
Ein erster Abschlag wird Ende 2025 ermittelt. Bis Ende 2026 wird zunächst nur die Verfügbarkeit der digitalen Dienste in den Häusern beziehungsweise die Beauftragung ihrer Umsetzung berücksichtigt. Bis Ende 2027 müssen die Dienste vollständig umgesetzt sein und Pflichtprojekte zu mindestens 60 Prozent genutzt werden. 2028 soll die Nutzungsquote bei 70 Prozent liegen, zwischen 2029 und 2031 bei 80 Prozent. Anderenfalls drohen Sanktionen.
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