Hausärzte haben wichtige Rolle bei der Versorgung psychisch kranker Menschen

Berlin – Die Hausarztpraxis spielt eine große Rolle bei der Erkennung und Versorgung psychischer und psychosomatischer Erkrankungen, weil sie meistens die erste Anlaufstelle für Betroffene ist. Der BKK-Dachverband will Hausärzte bei dieser Aufgabe „fachlich fit machen“ und unterstützen.
„Wir wollen die hausärztliche und die psychotherapeutische/psychiatrische Versorgung mehr zusammenführen. Warum sollte die Hausärztin/der Hausarzt bei psychischen Erkrankungen sofort zum Überweisungsschein greifen, wenn er oder sie auch im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung selbst behandeln kann?“, stellte der Vorstandsvorsitzende Franz Knieps einer Presseveranstaltung am Freitag voran.
Der BKK-Dachverband stellt dazu 1.200 Exemplare der Publikation „Psychologische Kurzinterventionen“ zur Verfügung, die an Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung verteilt werden.
„Die Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz sind weiterhin lang. Das verschlechtert den Therapieerfolg psychisch kranker Menschen in vielen Fällen. Wir sollten die Chance des frühen Handelns durch den Hausarzt nutzen“, forderte Jochen Gensichen, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin am LMU-Klinikum München und Mitautor des Handbuchs.
Knapp 80 Prozent der Patienten mit psychischen Erkrankungen werden Gensichen zufolge bereits ausschließlich in der Hausarztpraxis behandelt. Mithilfe des Handbuches sollen Hausärzte nicht nur psychosomatische Grundversorgung im Rahmen des entsprechenden Curriculums der Bundesärztekammer (BÄK) lernen.
Sie sollten auch anhand der gestuften Versorgung entscheiden können, wann eine Behandlung in der eigenen Praxis (leichte bis mittelschwere Erkrankungen), wann bei Psychotherapeuten, Psychiatern oder Psychosomatikern (schwere bis komplexe Erkrankungen) und wann eine Klinikeinweisung (resistent, Suizidalität) notwendig ist.
„Psychische Erkrankungen sind Volkskrankheiten und der Bedarf an psychotherapeutischer Versorgung ist enorm gewachsen“, betonte Kristine Lütke (FDP), Berichterstatterin für psychische Gesundheit ihrer Partei. Die psychosomatische Grundversorgung bei Hausärzten könne den Bedarf mit abfedern, glaubt sie.
Niedrigschwellige Kooperation zwischen Hausärzten und Psychotherapeuten
Von Seiten der Psychotherapeuten appellierte Michale Krenz, ehemaliger Präsident der Psychotherapeutenkammer Berlin an die Politik: „Gut wäre eine geregelte niedrigschwellige Kooperation zwischen Hausärzten und Psychotherapeuten. Bei manchen Patienten ist eine Mitbehandlung sinnvoll.“ In seiner Praxis im Berliner Süden kooperiere er zwar gut mit Hausärzten, aber diese Strukturen hätten sich über viele Jahre entwickelt und seien eher zufällig entstanden.
Der Allgemeinmediziner Gensichen stimmte ihm zu. Die Kommunikationsstrukturen seien nicht geregelt, aber sinnvoll zu haben. „Konsiliarstrukturen müssten aufgebaut werden, doch das kostet Geld“, sagte er.
Krenz hält keine großen Geldmengen für erforderlich. Ein 15 bis 20-minütiges Konsil, auch telefonisch, sei oftmals ausreichend, wenngleich diese Zeit natürlich vergütet werden müsste. Er empfahl hierbei den Fokus auf die regionale Ebene zu legen.
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