Hausärzteverband warnt vor steigendem Druck auf Versorgung

Münster – Vor einem stetig zunehmenden Versorgungsdruck im deutschen Gesundheitswesen warnen die Hausärzte. Angesichts knapper Ressourcen, Personalmangel und steigendem Patientenaufkommen stehe man vor einer „Umbruchsituation“, sagte Markus Beier, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, heute im Rahmen der Frühjahrstagung des Verbandes.
Ohne Strukturreformen werde es immer schwieriger, eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung aufrechtzuerhalten, betonte Beier. Mit den Ressourcen der Ärztinnen und Ärzte und ihrer Praxisteams werde aber immer noch viel zu nachlässig umgegangen. Zentraler Ansatz müsse es deshalb sein, medizinische Leistungen besser zu koordinieren.
„Es braucht mehr Steuerung“, so Beier. Diese könnten nur die Hausarztpraxen gewährleisten, weshalb die Rolle der Hausärzte gestärkt werden müsse. Der Verbandschef verwies zudem auf den aus Sicht der Praxen notwendigen Abbau der Bürokratie. Die Politik müsse diese klaren Prämissen aufgreifen.
Nicola Buhlinger-Göpfarth, erste stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, betonte, man werde weiterhin „sachlich“ auf Probleme im Versorgungssystem hinweisen und zugleich eigene Lösungsvorschläge liefern.
Statt einer „Zerstückelung“ der Versorgung – Buhlinger-Göpfarth nannte beispielhaft die geplanten Gesundheitskioske und Impfangebote in Apotheken – brauche es eine Stärkung der bestehenden hausärztlichen Angebote. Die Stärkung der Praxisteams stelle dabei einen zentralen Ansatz dar. Entsprechende Versorgungskonzepte müssten aber auch „vernünftig finanziert werden“.
Die Vize-Chefin des Verbandes thematisierte zudem eine mögliche Reform der Notfallversorgung. „Ein sehr großer Teil der Notfälle wird in den Hausarztpraxen behandelt, daher ist es geradezu absurd, dass sie in dem Konzept der sogenannten Expertenkommission keine Rolle spielen.“
Die Ergebnisse der Kommission seien „weltfremd“ und die vorgeschlagenen „Parallelstrukturen“ abzulehnen – schon deshalb, weil die nötigen personellen Ressourcen nicht vorhanden seien.
Der Vorschlag des Hausärzteverbandes: Ein dem Aufsuchen einer Notfallambulanz vorgeschaltetes, verpflichtendes „Ticketsystem“ für telefonische, digital gestützte Ersteinschätzungsverfahren. So könne eine effektive Patientensteuerung erfolgen, statt eine Problemlösung „auf dem letzten Meter“ hinbekommen zu müssen, so Buhlinger-Göpfarth.
Entbudgetierung auch für Hausärzte
Als „grundlegend“ für die Sicherung der hausärztlichen Versorgung bezeichnete Beier die Entbudgetierung. „Das Honorarsystem im Kollektivvertrag wird unseren hausärztlichen Leistungen nicht ansatzweise gerecht.“
Der einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) sei im hausärztlichen Bereich „chronisch unterfinanziert“ und zudem von der Struktur her ineffizient. Beier verwies dazu auf die Chronikerregelungen, welche eine oft unnötige Kontakthäufigkeit erzwängen.
Die Politik habe mit der Entbudgetierungssystematik in der Kinderheilkunde bereits einen sehr guten Weg gefunden, um gezielt die belasteten Praxen zu stärken. „Diese Systematik gilt es nun auch auf den hausärztlichen Bereich zu übertragen“, sagte Beier.
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