Hecken plädiert für verpflichtende Datenspende

Berlin – Im kommenden Jahr will der Gesetzgeber – unter Berücksichtigung des Datenschutzes und der Datensicherheit – die Möglichkeiten einer freiwilligen Datenspende schaffen. Manchen geht das allerdings nicht weit genug. Der unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Josef Hecken, sprach sich jetzt für eine verpflichtende Datenspende aus, wie er beim Fraktionskongress „Zukunft E-Health“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sagte.
Nur maximal fünf Prozent der Krankenhausdaten liegen derzeit digital vor, was auch dazu beträgt, dass eine strukturierte Nutzung von Patientendaten derzeit nicht möglich ist. Hecken sieht vor allem bei der Versorgungsforschung große Lücken. Um diese zu verbessern, müsse darüber nachgedacht werden, „in bestimmten Bereichen Patienten zu verpflichten, ihre Daten zur Verfügung zu stellen“, sagte er in Berlin.
Als Beispiel nannte er seltene Erkrankungen. Bei einer Millionen Jahrestherapiekosten erwarte er ein Feedback, ob die Therapie von Nutzen war. „Solidarität kann keine Einbahnstraße sein“, so Hecken und warnte zugleich: Wenn man beim Datenschutz immer erst die Risiken überprüfe, komme die Diskussion nicht voran.
Wie die meisten Diskutanten beim Kongress plädierte der Vorsitzende der Jungen Gruppe, Mark Hauptmann, hingegen für eine freiwilligen Datenspende: „Die smarte Datenverarbeitung bietet enormes Potenzial für ein effizienteres und nachhaltigeres Gesundheitssystem. Versicherte und Patienten sollten die Möglichkeit erhalten, ihre eigenen Daten anonymisiert und pseudonymisiert für Forschungszwecke spenden zu können.“
Rettungsdaten statt Gesundheitsdaten
Auf die verheerenden Folgen mangelnder Datenauswertungsmöglichkeiten machte Christof von Kalle vom Deutschen Krebsforschungszentrum aufmerksam: „Viele Tausend Menschen infizieren sich jedes Jahr aufgrund von nicht ausgewerteten Daten mit Problemkeimen.“
Nicht ausgewertete Daten führen so seiner Meinung nach auch zum Tod von Hunderten bis Tausenden. Roland Eils vom Berliner Institut für Gesundheitsforschung/Berlin Institute of Health (BIH) und der Charité – Universitätsmedizin Berlin schlug vor, Gesundheitsdaten in Rettungsdaten umzubenennen.
Über „viele Millionen ungenutzte Daten“ klagte auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Er wolle diese Daten pseudonymisiert für die Versorgungsforschung-steuerung verfügbar machen oder auch für die Entwicklung neuer Produkte. Es müsse möglich sein, Patienten zu fragen, ob sie ihre Daten zu Forschungszwecken spenden wollen und eine rechtssichere Zustimmung einzuholen, ohne alle zwei Wochen erneut nachfragen zu müssen. „Wir schauen derzeit, welches Recht wir dafür möglicherweise anpassen müssen oder sollen.“
Kreuzvernetzung von Daten als Gefahr
Das Thema Datenschutz wurde auf dem Kongress der Union teilweise kontrovers diskutiert. Während einige den Datenschutz gerade bei Gesundheitsdaten in Deutschland loben, sieht Steffen Augsberg, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Big Data im Deutschen Ethikrat, deren Sicherheit gefährdet. Das interessante und gleichzeitig gefährliche sei die Kombination von Daten, die erst in einem neu gesetzten Kontext zu einer Gesundheitsrelevanz führen.
„Es ist ein schönes Model, die Gesundheitsdaten besonders zu schützen. Das funktioniert aber in der inputorientierten Gesellschaft nicht“, erklärte Augsberg mit Verweis auf die Kreuzvernetzung von Daten. Dem widerspricht Eils vehement: „Nach deutschem und europäischem Recht ist die Kreuzvernetzung dieser Daten illegal.“ Er räumt aber ein, dass es „keinen garantierten Schutz gibt“, der eine Reidentifizierung ausschließen könne, wenn die Daten neu verknüpft werden.
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