Heilmittelerbringer drängen auf Direktzugang ohne vorherige Arztkonsultation

Berlin – Patienten sollten Heilmittelerbringer – also Physiotherapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten und andere – aufsuchen können, ohne vorher dazu eine ärztliche Verordnung erhalten zu haben. Das betont der Spitzenverband der Heilmittelerbringer im Umfeld des heute stattfindenden zweiten Therapiegipfels in Berlin.
„Der Direktzugang würde nicht nur Wartezeiten verkürzen, sondern das Gesundheitssystem auch finanziell entlasten – bei mindestens ebenso guten therapeutischen Ergebnissen“, hatte der Verband im Vorfeld des Treffens mitgeteilt.
Unterstützung erhält er von den Grünen. „Der Beruf der sogenannten Heilmittelerbringer wird weit unter seinem Wert gehandelt. Zuletzt gab es mehr Geld, es gibt aber immer noch nicht genug Anerkennung. Die Lösungen sind aus diversen Gutachten bekannt und werden im Ausland auch längst praktiziert“, sagte Maria Klein-Schmeink, Sprecherin für Gesundheitspolitik der Partei.
Die Schlüsselwörter lauteten: Akademisierung und Direktzugang. In den meisten Ländern ist die Ausbildung akademisch, Patienten mit Beschwerden können direkt zur Therapeutin gehen. Sie betonte, „Ärzte und Therapeuten stehen nicht in einer Rangordnung, in der es anordnende und ausführende Berufe gibt“ – vielmehr ergänzten ihre Kompetenzen sich. „Es braucht nicht für alles und jedes einen Arzt“, so Klein-Schmeink.
Der Direktzugang biete zudem Lösungsmöglichkeiten für eine bessere Versorgung, insbesondere im ländlichen Raum. Die Bundesregierung sollte daher schnell Modellversuche zum Direktzugang für Heilmittelerbringer ermöglichen, forderte Klein-Schmeink.
Verbesserungen für Heilmittelerbringer will auch die CDU erreichen: Neben höheren Honoraren sollen die Therapeuten laut dem Terminservice- und Versorgungsgesetzes künftig unabhängiger über die Art und Dauer der Behandlung entscheiden können, indem Ärzte Blankoverordnungen ausstellen.
Bis zum 15. November 2020 müssen dafür der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung und die Verbände der Heilmittelerbringer im Einvernehmen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eine Vereinbarung schließen, die unter anderem die Indikationen enthält, die sich für eine Blankoverordnung eignen. Zu dem heutigen Therapiegipfel werden rund 500 Besucher erwartet. Die Eröffnung hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) übernommen.
Die Ärzteschaft steht dem Direktzugang kritisch gegenüber. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) begrüßt zwar grundsätzlich die erweiterte Versorgungsverantwortung der Heilmittelerbringer, pocht aber darauf, dass die Diagnose- beziehungsweise Indikationsstellung für eine Heilmittelverordnung auch weiterhin vertragsärztliche Aufgabe bleiben müsse.
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