Hessischer Landtag beschließt umstrittene Neuregelung für bestimmte psychisch Kranke

Frankfurt am Main – Der Hessische Landtag hat mit den Stimmen von CDU und SPD einer Änderung des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes (PsychKHG) zugestimmt, die die hessischen psychiatrischen Kliniken nach Inkrafttreten zu umfassenden Meldepflichten an die Sicherheitsbehörden verpflichtet.
Im neu formulierten Paragrafen 28 Absatz 4 des Hessischen PsychKHG werden die psychiatrischen Kliniken mit der Novelle verpflichtet, bei der Entlassung von Personen, die wegen einer Fremdgefährdung untergebracht gewesen sind, die zuständige Polizeibehörde zu informieren.
Auch müssen alle für eine Gefährdungseinschätzung notwendigen Informationen übermittelt werden. Die zuständigen örtlichen Ordnungs- und Polizeibehörden seien von der bevorstehenden Entlassung „unverzüglich zu unterrichten“, heißt es im Paragrafen.
Das PsychKHG regelt die Zuständigkeiten im Bereich der psychiatrischen Versorgung und stellt die rechtliche Grundlage für öffentlich-rechtliche Unterbringungen dar. Das Gesetz beschreibt auch Aufgaben und Stellung von sozialpsychiatrischen Diensten.
Scharfe Kritik an der Gesetzesänderung kommt von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und vom Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD).
„Wir lehnen die Gesetzesänderung des hessischen PsychKHG angesichts eines höchst problematischen Umgangs mit der ärztlichen Schweigepflicht aufs Schärfste ab“, sagte die DGPPN-Präsidentin Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank.
Die neue Fassung des PsychKHG habe „ein erhebliches Stigmatisierungspotenzial“ und werde das Vertrauen der Betroffenen in die Arzt-Patient-Beziehung und in das psychiatrische Hilfesystem „grundlegend erschüttern“, so die DGPPN-Präsidentin.
Die nunmehr zu übermittelnden Informationen werden es laut der Fachgesellschaft erlauben, umfangreiche Datenbanken über eine große Zahl von Menschen anzulegen, die in psychiatrischen Kliniken behandelt worden seien.
Der BVÖGD sieht erhebliche Folgen für die Arbeit der kommunalen sozialpsychiatrischen Dienste. Diese seien darauf angewiesen, dass Betroffene niedrigschwellige Angebote freiwillig und ohne Angst vor möglichen Konsequenzen nutzten.
Pauschale Meldewege an Behörden stellten diesen Ansatz infrage und behinderten die frühe Erkennung und Abwendung von Krisensituationen. „Die neue Regelung reduziert daher nicht das Risiko, sondern kann es sogar steigern“, warnt der BVÖGD-Vorsitzende Peter Schäfer.
Eine nachhaltige Verbesserung der Sicherheit sei nur durch kontinuierliche Behandlung, gut erreichbare Hilfsangebote und starke kommunale Strukturen zu erreichen, so der Verbandsvorsitzende.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit:
1