Politik

Hitzeaktionstag: Deutschland hitzeresilient machen

  • Donnerstag, 15. Juni 2023
/mbruxelle, stock.adobe.com
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Berlin – Deutschland ist laut Ärzteschaft nicht ausreichend vor den Gefahren durch Hitze geschützt. Mit einem bundesweiten Hitzeaktionstag haben die Bundesärztekammer (BÄK) und die Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit (KLUG) für die Gefahren durch Hitze aufmerksam gemacht und mögliche Ansatzpunkte für ein resilienteres Gesundheitssystem vorgestellt.

Die zentrale Forderung des Bündnisses zum Hitzeaktionstag ist ein gesetzlicher Rahmen für gesundheitlichen Hitzeschutz auf Bundes-, Landes und kommunaler Ebene. Dafür müsse die Politik unter anderem den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) in den Hitzeschutz inkludieren und das Thema zu einer Pflichtaufgabe des ÖGD machen.

Den Rahmen dafür könne laut BÄK, KLUG und dem Deutschen Pflegerat das in Arbeit befindliche Klimaanpassungsgesetz schaffen. Erst einen Tag zuvor hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bekannt gegeben, dass er einen nationalen Hitzeschutzplan erarbeiten wolle.

Bereits in wenigen Tagen werde sich Lauterbach dafür mit Vertretern der Ärzteschaft, der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Pflege, Ländern Städten und Kommunen beraten, wie ein solcher Plan für Deutschland ausgestaltet werden kann, erklärte Sabine Dittmar, Parlamentarische Staatssekretärin beim Gesundheitsminister. Die Verbesserung von Evidenz, Gesundheitsberichterstattung und Surveillance spielten eine wichtige Rolle, um mehr gesichertes Wissen von Krankheitsfolgen durch den Klimawandel zu erlangen.

Bundesärztekammerpräsident Klaus Reinhardt begrüßte, dass die beim Hitzeaktionstag beteiligten Organisationen für die Umsetzung des deutschlandweiten Hitzeaktionsplans zurate gezogen werden sollen. KLUG-Vorstandsvorsitzender Martin Herrmann gab sich überzeugt, dass der vorangegangene Tag ein „Kipppunkt des Diskurses in Deutschland“ gewesen sei. Man werde sich jetzt koordinieren und vermutlich zunächst in kleineren Kreisen zusammenarbeiten. Spätestens im Herbst wollen die Beteiligten evaluieren, was aus diesem Sommer gelernt worden sei.

Zwei neue Gutachten zu Gesundheit und Klima

Claudia Traidl-Hoffmann von der Universität Augsburg und des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) wies auf die Wichtigkeit der Prävention hin. In einem ebenfalls gestern erschienenen Bericht „Gesund leben auf einer gesunden Erde“ erklärt die WBGU ihre Version von einer Health in all Policies.

Dafür brauche es neben Prävention die Einhaltung planetarer Leitgedanken, das Bewusstsein für die Untrennbarkeit der menschlichen Zivilisation und der Natur, Solidarität für vulnerable Gruppen sowie systemübergreifende Kooperationen, so Traidl-Hoffmann. Der WBGU hat sein Gutachten gestern an Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) und Staatssekretärin Judith Pirscher (FDP) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) übergeben.

Zu lange hätte man das menschliche Verhalten adressiert, sagte Claudia Hornberg von der Medizinischen Fakultät Ostwestfalen-Lippe und Vorsitzende des Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU). „Jetzt ist der Zeitpunkt, dass wir uns mehr Gedanken machen, in welchen Lebensverhältnissen wir leben wollen, und wie wir es schaffen in diesen Lebensverhältnissen zu leben.“

Dazu müssten verschiedene Ebenen betrachtet werden. „Ich werbe dafür, dass wir die gesundheitlichen Effekte bevölkerungsgruppenspezifisch durchdeklinieren." So arbeiteten in Deutschland zwei Millionen Menschen im Freien, sodass Arbeiten bei Starker Hitze ein zentrales Thema sei.

Zudem erklärte Hornberg, dass nicht nur ältere Menschen zu den vulnerablen Gruppen gehörten, die besondere Aufmerksamkeit bräuchten. Auch Personen im mittleren Alter, hätten durchaus vorbestehende kardiovaskuläre Erkrankungen.

Zusätzlich brauche es langfristige Stadtplanung und Bauwesen. Denn Großstäte und ihr Umland würden voraussichtlich weiterwachsen und genau dort befänden sich Wärmeinseln. Am kommenden Montag erscheint ein Gutachten des SRU, „Umwelt und Gesundheit konsequent zusammen denken“, welches sich mit dieser Thematik befasst.

Der Ökologe und Klimaforscher Hans-Otto Pörtner wies darauf hin, dass die Voraussetzung für die Gesundheit der Menschen eine gesunde Umwelt sei. „Eigentlich brauchen wir einen Hitzeschutzplan sowohl für die Ökosysteme als auch für uns“, so Pörtner.

Health for Future macht auf Hitzetode aufmerksam

Anlässlich des Hitzeaktionstages war auch die Organisation Health for Future an mehr als 20 Orten in Deutschland aktiv. Hier hätten sich die Teilnehmenden zum Beispiel auf zentrale Plätze gelegt, um Hitzetote zu symbolisieren, berichtete Leonie Ostermann von Health for Future.

Auf ein Projekt namens HIGELA (Hitzeresiliente und gesundheitsfördernde Lebens- und Arbeitsbedingungen in der stationären Pflege) machte Felix Bittner von KLUG aufmerksam. Mit verschiedenen kurzfristigen Maßnahmen, wie der Umstellung der Berufskleidung, der Anpassung der Ernährung oder dem Umstellen von Tagesabläufen wollen die Beteiligten des Projekts die Hitzeresilienz der Beschäftigten und Bewohnenden in der stationären Pflege stärken.

mim

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