Hofmeister hält dritten Sektor in der Notfallversorgung für überflüssig

Berlin – Gegen Integrierte Notfallzentren (INZ), die von den Krankenhäusern und den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) als eigenständige wirtschaftliche Einrichtungen gemeinsam betrieben werden, hat sich der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Stephan Hofmeister, ausgesprochen.
Er kritisierte damit heute bei der KBV-Vertreterversammlung (VV) in Berlin einen Diskussionsentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zur Reform der Notfallversorgung, der seit Mitte Juli kursiert, aber den Vermerk trägt, dass er mit der Leitung des Hauses noch nicht abgestimmt ist.
Zwar hält auch die KBV zentrale Anlaufstellen für Notfallpatienten an Krankenhäusern für notwendig, um diese in die angemessene Versorgungsebene weiterleiten zu können. Ein dritter Sektor sei aber schon deshalb nicht sinnhaft, weil es keinen „dritten Patienten“ gebe, sagte Hofmeister. Notfallpatienten würden entweder ambulant weiterbehandelt oder müssten aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung im Krankenhaus versorgt werden.
Da seien die Zuständigkeiten klar. Ein dritter Sektor schaffe nur zusätzliche Schnittstellen. Dasselbe gelte für den Vorschlag aus dem BMG, den Sicherstellungsauftrag für den Notdienst den Ländern zu übertragen. Bevor man ein etabliertes System ändere, sollte man erst einmal genau prüfen, wohin man es ändern wolle, forderte Hofmeister.
„Nach meiner Wahrnehmung haben das die meisten Landesregierungen auch verstanden und sind von einem anfänglichen, fast schon begeisterten ,Ja‘ zur Übernahme des Sicherstellungsauftrags nach 18 Uhr zu einem realitätsorientierten ,lieber-vielleicht-doch-nicht‘ umgeschwenkt,“ meinte der KBV-Vorstand.
Wie viele Krankenhäuser kommen als Notfallstandorte infrage?
Für die eigentlich entscheidende Frage in Sachen Notfallreform hält Hofmeister die Wahl der Standorte für die zentralen Anlaufstellen der Notfallpatienten. Das sei eine politisch hochbrisante Aufgabe, die endlich angegangen werden müsse, meinte er.
„Fakt ist: Es können nicht alle 1.600 derzeit an der Notfallversorgung teilnehmenden Kliniken sein. Es kann vermutlich nicht einmal die Hälfte davon sein“, erklärte er. Dafür gebe es schlicht keine Ärzte und kein medizinisches Personal.
„Hier wird es schmerzhafte Entscheidungen geben müssen“, sagte Hofmeister. Die Landesregierungen müssten sich bei diesen wichtigen Weichenstellungen an objektiven Kriterien orientieren und nicht daran, was sich im nächsten Wahlkampf am besten verkaufen lasse.
Hofmeister kündigte zudem an, dass KVen und KBV den Strukturwandel in der stationären Versorgung künftig aktiver mitgestalten wollen. Dazu soll eine Expertengruppe aufgebaut werden, die vorhandenes Know-how aus dem KV-System zusammenführt und einen „Instrumentenkoffer“ bereitstellt, aus dem sich Projekte in den Regionen bedienen können, wenn es gilt, Alternativen für medizinisch und wirtschaftlich untragbare Krankenhäuser zu finden. Voraussetzung dafür ist dem KBV-Vorstand zufolge, dass es regional über das bereits vorhandene ambulante Angebot hinaus einen Versorgungsbedarf gibt.
Werben für einen schönen Beruf
Abschließend betonte Hofmeister die hohe Arbeitszufriedenheit, die niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten in Umfragen stets angeben. „Unsere Praxen sind nicht nur das Rückgrat der ambulanten Versorgung, sie sind auch eine wesentliche Säule der Daseinsfürsorge. Deshalb ist unser Beruf in selbständiger, freiberuflicher Tätigkeit absolut sinnstiftend.“
Dies gelte es, nun auch dem medizinischen Nachwuchs zu vermitteln. Gelinge das nicht, komme es unweigerlich zu einem Systemwechsel. „Weniger Freiheit für Bürgerinnen und Bürger, weniger medizinische Versorgung, staatliche Planwirtschaft und staatliche Eingriffe allenthalben“, warnte Hofmeister.
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