Politik

Hohe Millionensumme für Pädiatrie und Geburtshilfe im Krankenhaus geplant

  • Dienstag, 25. Oktober 2022
/pingpao, stockadobecom
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Berlin – Um den wirtschaftlichen Druck bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu mindern, soll den Krankenhäusern in den Jahren 2023 und 2024 für deren Behandlung ein angehobenes Erlösvolumen garantiert werden. Darüber hinaus sollen ländliche Krankenhäuser mit einer Geburtshilfe zusätzliche Finanz­mittel erhalten.

Dies geht aus Eckpunkten des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zur Umsetzung der Empfehlungen der AG Pädiatrie und Geburtshilfe für eine kurzfristige Reform der stationären Vergütung für Pädiatrie, Kinderchi­rurgie und Geburtshilfe hervor. Das Papier liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.

Der Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung konstatiert für die Fächer Pädiatrie (einschließlich der Kinderchirurgie) und Geburtshilfe einen drängenden Bedarf für eine kurzfristige Anpassung der Vergütung.

Man stehe in diesen Bereichen politisch „in der Pflicht“, da dort „die Not am größten“ sei, hatte Bundesge­sund­heitsminister Karl Lauterbach (SPD) anlässlich der Vorstellung der entsprechenden Empfehlungen der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung im Sommer dieses Jahres betont.

Wie das BMG in dem Eckpunktepapier jetzt klarstellt, zielen die geplanten gesetzlichen Änderungen darauf ab, für eine Übergangszeit von zwei Jahren die bestehenden Strukturen zur wichtigen Versorgung pädiatri­scher Fälle sowie der bedarfsnotwendigen Geburtshilfestationen im ländlichen Raum zu erhalten. Die An­pas­sungen würden als „Instrumente des Übergangs bis zum Inkrafttreten einer übergreifenden Krankenhaus­strukturreform“ dienen und sollten „weder diese Strukturreform vorwegnehmen, noch sie ersetzen“.

Für den Bereich der Pädiatrie ist in den Eckpunkten vorgesehen, die angehobenen Erlöse fortzuschreiben. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) soll dazu das 2019 erbrachte Casemixvolumen für die maßgeblichen pädiatrischen Fälle bestimmen – auf dieser Basis soll dann mithilfe des letzten verfügbaren Landesbasisfallwertes ein Erlösvolumen für die Jahre 2023 und 2024 je Krankenhaus ermittelt werden.

Der Steigerungsfaktor, um den das Erlösvolumen anschließend zu erhöhen ist, werde „in Abhängigkeit der zusätzlich verfügbaren finanziellen Mittel bundeseinheitlich festgelegt“, heißt im Papier. In einem – noch nicht endgültig abgestimmten – Änderungsantrag zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG), der dem Deutschen Ärzteblatt ebenfalls vorliegt, heißt es zur Finanzierung, der Liquiditätsreserve des Gesund­heitsfonds sollten in den Jahren 2023 und 2024 jeweils 381 Millionen Euro entommen werden. Davon wür­den 270 Millionen Euro auf den Bereich Pädiatrie und rund 111 Millionen Euro auf die Geburtshilfe entfallen.

Sofern zum Ausgleich keine zusätzlichen Mittel aus dem Bundeshaushalt gewährt würden, trügen damit die Krankenkassen den Großteil der Belastung. Insgesamt sollen laut Eckpunktepapier Finanzmittel in Höhe von rund 420 Millionen Euro jährlich (300 Millionen Euro für die Pädiatrie, rund 120 Millionen Euro für die Ge­burtshilfe) bereitgestellt werden. Die Differenz zu den genannten 381 Millionen Euro sollen offenbar die Bundesländer übernehmen – diesen wollte Lauterbach seine Pläne heute vorstellen.

Vorgesehen ist darin auch die Einführung eines Mindesterlösvolumens von 80 Prozent im Vergleich zum Jahr 2019, welches im Jahr 2023 beziehungsweise 2024 von einem Krankenhaus erreicht werden muss, um das angehobene Erlösvolumen zu 100 Prozent zu erhalten.

Damit sollen Krankenhäuser weiterhin einen Anreiz haben, Kinder und Jugendliche zu behandeln. Wird das Mindesterlösvolumen von 80 Prozent unterschritten, sollen Krankenhäuser ihr tatsächlich erwirtschaftetes Erlösvolumen und 65 Prozent der Differenz zwischen garantiertem angehobenen Erlösvolumen und tat­sächlich erwirtschaftetem Erlösvolumen erhalten.

Umsetzung der Empfehlungen im Bereich Geburtshilfe

Für Krankenhäuser mit einer Geburtshilfe, die in der Liste der ländlichen Krankenhäuser aufgeführt sind, sollen die zusätzlichen Finanzmittel per pauschalen Sockelbetrag fließen. Dieser Sockelbetrag könne laut Eckpunktepapier 1,5 Millionen Euro je Krankenhaus betragen. Unter bestimmten Bedingungen soll der Sockel­betrag erhöht werden können.

Dies soll den BMG-Plänen zufolge dann gelten, wenn das Krankenhaus auch eine Pädiatrie vorhält und/oder wenn das Krankenhaus auch ein Perinatalzentrum oder einen perinatalen Schwerpunkt nach der Liste des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) vorhält.

Die Auszahlung des Zuschlagsvolumens soll demnach in der gleichen Art und Weise wie die Auszahlung des Zuschlags für ländliche Krankenhäuser erfolgen. Das hieße, das die Zuschlagshöhe auf die voraussichtliche Patientenanzahl umgerechnet und je Fall ausgezahlt wird.

Das BMG plant, die Vorschläge über einen fachfremden Änderungsantrag in das Gesetzgebungsverfahren zum KHPflEG, welches Anfang Dezember von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden soll, einzubringen. Ein Inkrafttreten ist zum 1. Januar 2023 beabsichtigt.

Erste Kritik kam aus dem Haushaltsausschuss des Bundestags. „Angesichts der angespannten Kassenlage der gesetzlichen Krankenversicherung und des Bundeshaushalts müssen alle Beteiligten ihre Vorschläge für neue Ausgaben immer darauf prüfen, wie sie seriös finanziert werden sollen“, mahnte Paula Piechotta (Grüne), Mit­glied im Haushaltsausschuss. In der aktuellen Situation mit hohen Energiepreisen und drastischer Inflation könne man den Versicherten in diesem Land keine erheblichen Beitragssteigerungen zumuten.

aha

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