„Ich werbe für einen Nationalen Aktionsplan Frauengesundheit“
Berlin – Die Tagesordnung ist jeden Mittwochvormittag gut gefüllt: Im Gesundheitsausschuss des Bundestages werden alle Gesetze sowie Gesetzesinitiativen von Regierung und Opposition diskutiert, die öffentlichen Anhörungen der Gesetzespläne sind ein zentraler Arbeitsmodus in der parlamentarischen Demokratie. Den Vorsitz im Gesundheitsausschuss hat seit rund acht Monaten Tanja Machalet.
Die 51-jährige SPD-Politikerin, die über die Landesliste Rheinland-Pfalz in den Bundestag eingezogen ist, erklärt im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt, wie der Ausschuss aus ihrer Sicht auch künftig arbeiten soll. Zudem will sie sich vor allem für einen Fokus auf die Frauengesundheit einsetzen – eine Forderung, die Machalet vergangene Woche auf einem parlamentarischen Abend der Healthcare-Frauen auch deutlich gemacht hat.

5 Fragen an Tanja Machalet (SPD), Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag
Sie sind seit acht Monaten Vorsitzende des Gesundheitsausschusses. Wie haben Sie sich in Ihre Rolle eingelebt?
Dass ich zur Vorsitzenden des Ausschusses vorgeschlagen und dann auch gewählt wurde, kam zunächst überraschend, da ich in der letzten Legislatur im Bundestag im Ausschuss für Arbeit und Soziales gearbeitet habe. Als stellvertretendes Mitglied im Gesundheitsausschuss habe ich die Arbeit in der letzten Wahlperiode aber verfolgt und war in meiner Zeit im Landtag von Rheinland-Pfalz auch zehn Jahre mit Gesundheit und Pflege befasst.
In meinem Wahlkreis Montabaur ist die Gesundheitsversorgung ein brennendes Thema. Sehr schnell habe ich in den vergangenen Monaten festgestellt, dass der gesundheitspolitische Betrieb in Berlin deutlich umfangreicher ist, als ich es auf Landesebene gewohnt war. Eine große Fülle an Terminen sowie Gesprächswünsche, die ich auch sehr gerne erfüllen möchte.
Ich habe den Anspruch, die vielen unterschiedlichen Interessen, die es im Gesundheitswesen gibt, zu kennen und vielleicht dazu beizutragen, dass es an der einen oder anderen Stelle dann auch gemeinsame gute Wege gibt, vor allem im Interesse der Patientinnen und Patienten. Doch dafür ist oft zu wenig Zeit, daher versuchen wir zu sortieren, aber auch meine thematischen Schwerpunkte deutlicher zu priorisieren.
Ich sehe mich aber vor allem auch als Ausschussvorsitzende in der Rolle und der Verantwortung, dass wir im Gesundheitsausschuss möglichst weiter so konstruktiv zusammenarbeiten, wie ich das in der letzten Legislatur beobachten konnte.
Im Gesundheitsausschuss eint uns, dass wir unser Gesundheitswesen auf solide Füße stellen wollen, damit wir weiterhin ein gute Gesundheitsversorgung haben, die Zugänge für alle gewährleistet. Dabei haben wir alle unterschiedliche Positionen und unterschiedliche Vorstellungen, wie das gelingen kann. Trotzdem soll es im Ausschuss menschlich zugehen.
Welches gesundheitspolitische Vorhaben hätten Sie gerne schnell auf Ihrer Tagesordnung zur Beratung im Ausschuss?
Ich hätte wahnsinnig gerne die Notfallreform deutlich früher auf der Tagesordnung gehabt. Es gibt den Referentenentwurf der Bundesregierung, der ja noch weitestgehend das beinhaltet, was in der letzten Legislatur schon diskutiert worden ist. Der Gesetzesentwurf, der ja schon sehr konsensual war, hatte allerdings das Pech, dass die Anhörung am 6. November 2024 stattfand und am Abend die Koalition auseinandergefallen ist.
Wir warten jetzt darauf, wann die Notfallreform als Gesetzentwurf ins Kabinett kommt und wir mit den parlamentarischen Beratungen beginnen können. Da müssen wir auch nochmal ganz genau hinschauen, was schlussendlich im Regierungsentwurf steht. An der einen oder anderen Stelle, müssen wir dann gegebenenfalls nochmal nachbessern.
Wir wissen aber auch, dass es bei diesem Thema wirklich brennt! Ich kenne das auch aus meinem Wahlkreis. Wir müssen zu einer besseren Struktur kommen, mit der man bei besserer Qualität viel Geld sparen kann. Und da wir auch ausführlich über die GKV-Finanzierung diskutiert haben – oder es immer noch tun – ist es wichtig, dass wir Projekte, die Geld sparen, schnell auf den Weg bringen.
Welche inhaltlichen Schwerpunkte wollen Sie in Ihrer Arbeit im Gesundheitsausschuss in der kommenden Zeit setzen?
Beim Thema Frauengesundheit will ich Akzente setzen und werbe für einen Nationalen Aktionsplan Frauengesundheit. Mir geht es um die Versorgung bei Herzinfarkt, Brustkrebs, HPV-Impfungen sowie die Medikamentenforschung, die Frauen zu oft außen vorlässt.
Wir müssen die Gendergesundheit in den Blick nehmen und das heißt natürlich auch die Männergesundheit. Wir sehen einfach die großen Unterschiede bei den Vorsorgeuntersuchungen, die von Frauen und Männern ganz unterschiedlich wahrgenommen werden. Da müssen wir ein neues Bewusstsein schaffen. Das ist ein Teil von Prävention, der wir zu deutlich mehr Aufmerksamkeit verhelfen müssen, das ist mir sehr, sehr wichtig. Das fängt beim Impfen an und geht bei Themen wie Zuckersteuer, Tabaksteuer und Spirituosensteuer weiter.
Wir müssen uns mehr für Prävention einsetzen, auch wenn wir da in einem Dilemma sind: Zum einen sagten Expertinnen und Experten erst kürzlich in einem Fachgespräch im Ausschuss, wie wichtig auch ein neues Präventionsgesetz ist. Aber wenn es an die Finanzierung geht, dann wird es schwierig.
Sie kennen auch die prozentualen Ausgaben der Krankenversicherung für Prävention. Diese steigen zwar, bleiben aber doch im Vergleich auf einem niedrigen Niveau. Daher brauchen wir eigentlich einen steuerfinanzierten Präventionsfonds, in dem viel Geld drin ist, mit dem auch viel investiert werden kann, damit wir endlich Ergebnisse sehen. Wir müssen aus diesem Finanzdilemma rauskommen.
Das Gesundheitswesen hat viele große Herausforderungen. Was würden Sie denn als die größte Herausforderung bezeichnen?
Die größten Herausforderungen sind natürlich die vielen ineffizienten Strukturen, die wir haben. Deswegen ist die Notfallreform ein gutes Beispiel dafür, aber auch die Krankenhausreform will hier verändern. Zudem soll die Digitalisierung vieles heben, damit wir beispielsweise Doppeluntersuchungen vermeiden können. Wir haben mit der elektronischen Patientenakte jetzt einen guten Ansatz. Und wir müssen wirklich alles daran setzen, dass das kein Rohrkrepierer wird. Die Zurückhaltung beim Einsatz muss beendet werden, das darf nicht scheitern.
Was muss aus Ihrer Sicht passieren, dass diese Legislatur eine gute Legislatur im Sinne der Gesundheitspolitik wird?
Was wir im Koalitionsvertrag aufgeschrieben haben, das ist schon mal ein guter Ansatz. Wenn wir vieles davon umsetzen, kommen wir schon mal ein ganz gutes Stück weiter. Wenn wir das nicht schaffen – das klingt hochtrabend, aber die Lage ist ernst – dann ist es auch demokratiegefährdend. Wir brauchen also einen fairen und konsensualen Umgang. Und das will ich im Gesundheitsausschuss weiter hochhalten und dann auch gemeinsam zu Lösungen kommen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: