Politik

Diskussionen um GKV-Finanzen dominieren Haushaltsdebatte im Bundestag

  • Donnerstag, 27. November 2025
/picture alliance, Daniel Kalker
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Berlin – Der Kostendruck im Gesundheitswesen bleibt weiter hoch, doch dieses Problem bildet sich nicht direkt im Haushalt 2026 des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ab. Dieser steigt für das Jahr 2026 im Vergleich zu diesem Jahr um 2,47 Milliarden Euro auf 21,77 Milliarden Euro – gleichzeitig sinkt er im Vergleich zu den vergangenen Jahren, da deutlich weniger für die Impfstoffbeschaffung ausgegeben wird.

Viele Bundestagsabgeordneten nutzen die heutige Debatte zum Haushalt 2026 für den großen Blick: Es müsse mehr für die Prävention in vielen Lebensbereichen getan werden, der neue Fokus auf Frauengesundheit wurde gelobt und die Opposition verlangte grundsätzlich andere Ziele und Wege in der Gesundheitspolitik.

Im Vergleich zu den etwa 300 Milliarden Euro, die in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eingenommen werden und für 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger zur Gesundheitsversorgung verwendet werden, ist der Haushalt des BMG den 21,77 Milliarden Euro relativ gering. Ein Großteil davon geht als Steuerzuschuss an den Gesundheitsfonds, der seit Jahren bei 14,5 Milliarden Euro liegt.

Der aktuelle Streit um die Finanzierung der GKV, ausgelöst durch das „kleine Sparpaket“ sowie das Anrufen des Vermittlungsausschuss durch die Bundesländer, spielte auch in der Bundestagsdebatte eine große Rolle: So bedauerte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU), wie auch andere Politikerinnen und Politiker aus der Koalition, dass ihr Sparpaket in den Vermittlungsausschuss überwiesen wurde.

„Durch den Vermittlungsausschuss geht nun auch entscheidende Zeit verloren, die den Krankenkassen für die Aufstellung der Haushalte fehlt“, so Warken in der Debatte. Aus ihrer Sicht sei es ein „fatales Signal“, dass dieses „kleine Sparpaket auf solche Widerstände“ stoße. Besonders mit Blick auf die Debatten, auf die Warken für das kommende Jahr einstimmte, sei es kein gutes Zeichen. Denn dann müsse eine zweistellige Milliardenlücke geschlossen werden. „Und da braucht es einen gemeinsamen Willen, keine Denkverbote“, so Warken weiter. Man habe viele „komplexe“ Reformen im kommenden Jahr vor.

Koalition drängt auf schnelle Einigung

Heute Abend soll im Koalitionsausschuss über das weitere Vorgehen beraten werden, damit bis zum 19. Dezember ein Ergebnis vorliegen kann. Zwar bezweifeln einige Expertinnen und Experten im Gesundheitswesen diesen engen Zeitplan. SPD-Politikerin Dagmar Schmidt sagte, sie sei „optimistisch, dass wir das auch in diesem Jahr noch gemeinsam mit den Ländern hinbekommen“. Christos Pantazis (SPD) forderte: „Wir brauchen bis zum 19. Dezember eine tragbare Lösung.“ Der gesundheitspolitische Sprecher seiner Fraktion warb für seinen Plan, auch andere Bereiche des Gesundheitswesens an den Einsparungen zu beteiligen.

Auch andere Rednerinnen und Redner gingen auf den Konflikt mit den Ländern ein: So geht die Grünen-Abgeordnete Linda Heitmann davon aus, dass die Zusatzbeiträge steigen werden. Die Ministerin laufe „sehenden Auges in diese Situation hinein, die sie mit halbherzigen Maßnahmen“ erreicht und dafür „noch nicht einmal die Rückendeckung der Länder“ bekommen habe.

Die fehlende Rückendeckung thematisierte auch Paula Piechotta, Haushaltsexpertin der Grünen: „Wie sie mit dem Geld umgehen, das hat mit Seriosität nichts mehr zu tun.“ So habe es verschiedene „Hauruckaktionen“ bei der Finanzierung der Krankenhäuser gegeben, die letztendlich zu der Entscheidung im Bundesrat geführt hätten. „Und selbst ihre eigene CDU Baden-Württemberg hat ihnen die Gefolgschaft verweigert“, sagte sie in Richtung der Ministerin, die aus dem Südwesten kommt.

Auch beklagte Piechotta, dass die Bereinigungssitzung des Haushaltes Mitte November erst drei Stunden später beginnen konnte, da sich die Koalition weiterhin nicht über das Darlehen an die Pflegeversicherung in Höhe von 1,7 Milliarden Euro einig gewesen sei. Ministerin Warken lobte in ihrer Rede, dass die Koalition hier zu einer Einigung gefunden habe. Linken-Politiker Ates Gürpinar nannte dies „billige Tricks, um von der eigenen Unfähigkeit abzulenken.“

„Mutige Entscheidungen“ mahnte Simone Borchardt, gesundheitspolitischer Sprecherin der Unionsfraktion, an. Man habe das Versprechen an die Menschen gegeben, die Beitragssätze niedrig zu halten. „Große Reformen müssen wir gemeinsam angehen, sonst müssen wir gar nicht erst anfangen, darauf müssen auch die Länder schauen“, sagte sie mit Blick auf das Verhalten im Bundesrat am vergangenen Freitag. Sie forderte auch, dass die nötigen Reformen nun zügig umgesetzt werden, für einen „Neuanfang und ein modernes, gut gestaltetes Gesundheitswesen“.

Für eine bessere ambulante Versorgung setzte sich Dagmar Schmidt (SPD) ein: So müsse mit dem vielen Geld, dass es im deutschen Gesundheitswesen gebe, wieder das Gefühl entstehen, es gebe mehr Termine und bessere Ergebnisse – derzeit sei es im Empfinden der Bürgerinnen und Bürger umgekehrt. Es müsse eine bessere ambulante Versorgung geben, „damit nicht die Halsschmerzen in der Notaufnahme landen, es aber keine Termine für die Hüfte“ gebe.

Mehr Prävention fraktionsübergreifend gefordert

Für mehr Prävention warb Johannes Wagner (Grüne). „Sie gehen die großen Dinge nicht an“, warf er der Ministerin vor und sprach dabei „um das Rauchen und Saufen“, wie er es ausdrückte. Er fragte, warum Bier und Zigaretten nicht teurer werden dürften. Unterstützung dafür kam von Tanja Machalet (SPD), der Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses. Es müsse eine „maßvolle Erhöhung“ der Steuern auf Tabak, Zucker und Alkohol geben und „Teile dieser Mittel müssen dann in den Gesundheitsetat fließen“. Prävention insgesamt – dazu zählte sie auch das Impfen – müsse gestärkt werden. „Prävention ist eine Investition in die gesellschaftliche Lebensqualität.“

Den Fokus auf das neue und zusätzliche Programm Frauengesundheit legten weitere Rednerinnen und Redner der Koalition: So ist geplant, in den kommenden Jahren insgesamt 11,5 Millionen Euro für die bessere Erforschung von Frauengesundheit auszugeben. Zudem werde auch die Forschung rund um die Corona-Folgen gestärkt, betonte Lina Seitzl von der SPD-Fraktion. Ministerin Warken betonte, dass Forschungsgelder aus diesem Schwerpunkt auch an das Robert Koch-Institut (RKI) gehen werden, um dort ein Datenpool aufzubauen.

Kritik an Kürzungen im internationalen Gesundheitswesen

Kritik gab es an dem Plan, deutlich bei der Finanzierung des internationalen Gesundheitswesens zu sparen. Hier stehen 2026 nur noch 122 Millionen Euro zur Verfügung – 2025 waren es noch 132 Millionen Euro. Gekürzt wird beispielsweise auch beim WHO Hub for Pandemic and Epidemic Intelligence in Berlin: Hier stehen künftig statt 39 Millionen Euro noch 20 Millionen Euro zur Verfügung. Warken erklärte auf Nachfrage von Kristen Kappert-Gonther (Grüne), dass die Regierung hier ein „Gesamtpaket“ geschnürt habe, da weitere Mittel im Haushalt des Entwicklungsministeriums lägen.

Die AfD sah in der Debatte um die GKV-Finanzen das „Protokoll eines Kontrollverlustes“, so Nicole Hess (AfD). Die Ministerin habe „ein Misstrauensvotum für die Regierung aber auch für sie als Ministerin speziell“ bekommen. Aus ihrer Sicht benötigten die Krankenhausfinanzierung sowie die Gelder im Gesundheitsfonds mehr Kontrolle – sie sprach in diesem Zusammenhang von Schattenhaushalten. Auch Thomas Diez (AfD) fragte, wer diese Schulden einmal zurück zahlen solle. Jochen Bloß (AfD) zeigte Einsparpotentiale von 55 Milliarden Euro in verschiedenen anderen Haushaltsbereichen auf.

bee

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