IGeL-Umsatz übersteigt laut Erhebung Zwei-Milliarden-Schwelle

Berlin – Der Umsatz mit Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) beläuft sich pro Jahr auf mindestens 2,4 Milliarden Euro. Dies zeigt eine Erhebung im Rahmen des heute vorgelegten IGeL-Reports 2024 des Medizinischen Dienstes Bund.
Dieser Betrag beruhe auf einer konservativen Berechnung, da davon auszugehen sei, dass auch Versicherte unter 18 und über 80 Jahren IGeL in Anspruch nehmen, die jedoch nicht bei der Befragung erfasst worden sind, erläuterte Jonas Schreyögg, Lehrstuhl für Management im Gesundheitswesen, Universität Hamburg.
Grundsätzlich sei nichts gegen das Angebot und die Nachfrage nach IGeL einzuwenden – allerdings sollte beim Angebot immer transparent werden, dass dies keine medizinisch notwendigen Leistungen sind, so Schreyögg. Die Ergebnisse der Befragung zeigten in diesem Zusammenhang, dass viele Versicherte zu wenig Wissen haben, um eine informierte Entscheidung für oder gegen eine IGeL treffen zu können. Es wäre daher wichtig, den gesundheitspolitischen Fokus in den nächsten Jahren auf eine verbesserte Information der Versicherten zur Aufklärung über Nutzen und Risiken von IGeL zu richten.
Für den Report wurden im Auftrag des Medizinischen Dienstes Bund 2.013 Versicherte im Alter zwischen 18 und 80 Jahren vom Marktforschungsinstitut forsa befragt. In der Befragung gab nur jeder vierte Versicherte (26 Prozent) an, gut informiert zu sein. Zwei von drei Befragten gingen zudem von der Annahme aus, dass die Selbstzahlerleistungen medizinisch notwendige Leistungen seien.
„Die Ergebnisse des IGeL-Reports 2024 zeigen, dass IGeL kein Randproblem sind, sondern ein Massenphänomen“, kommentierte Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender Medizinischer Dienst Bund, die Befragungsergebnisse. Die „unzureichende Aufklärung über mögliche Schäden der angebotenen IGeL“ sei „nicht akzeptabel“.
Gronemeyer plädierte dafür, dass entsprechende Informationen „stärker verpflichtend“ gemacht werden. Unter anderem sollten Arztpraxen „unabhängige und allgemeinverständliche schriftliche Informationen“ auslegen, wenn sie solche Leistungen anbieten.
Laut den Ergebnissen des IGeL-Reports 2024 werden die höchsten Umsätze mit jeweils 500 Millionen Euro in den Fachgebieten Gynäkologie und Augenheilkunde erzielt. In der Allgemeinmedizin beläuft sich der geschätzte Umsatz demnach auf 341 Millionen Euro und in der Orthopädie und Unfallmedizin auf 397 Millionen Euro.
Bei der Inanspruchnahme von IGeL ergeben sich laut der Umfrage teils deutliche sozioökonomische Unterschiede. In den südlichen Bundesländern werden IGeL häufiger in Anspruch genommen (37 Prozent) als in westlichen (33 Prozent), nördlichen (31 Prozent) oder östlichen (26 Prozent).
Frauen nutzen mit 41 Prozent etwa doppelt so häufig IGeL wie Männer (22 Prozent). Zudem scheint die Inanspruchnahme von IGeL mit zunehmendem Alter anzusteigen. Von den Befragten ab einem Alter von 45 Jahren gab jede zweite Frau (50 Prozent) und etwa jeder dritte Mann (29 Prozent) an, Selbstzahlerleistungen zu nutzen.
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