Ärzteschaft

In der Antibiotikaforschung geht immer mehr Fachkompetenz verloren

  • Montag, 13. August 2018
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Jena – Vor einem Brain Drain – einem Talentverlust – in der Antibiotikaforschung warnen Wissenschaftler des Forschungskonsortiums InfectControl 2020. Das Konsortium wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Hintergrund sei, dass immer mehr Pharmaunternehmen sich aus der Forschung und Entwicklung von Antibiotika zurückzögen.

„Die von neuen und resistenten Erregern ausgehende Bedrohungslage erfordert immense finanzielle und organisatorische Anstrengungen“, sagte der Sprecher des Forschungskonsortiums, Axel Brakhage. Laut dem Direktor des Leibniz-Instituts für Naturstoffforschung und Infektionsbiologie und Lehrstuhlinhaber an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist für die Forschung außerdem ein umfassendes Expertenwissen unabdingbar.

Allerdings seien die zu erwartenden Erträge für die Firmen gering, da vor allem neue Medikamente als Reserveantibiotika von den Ärzten zurückgehalten werden sollen. Die Folge sei, dass immer mehr Unternehmen sich aus der Antibiotikaforschung zurück­zögen. Im Einklang mit einer Auswertung der Boston Consulting Group schätzen die Experten von InfectControl die Zahl der Wissenschaftler in diesem Gebiet auf rund 500, Tendenz sinkend.

Diese Zahl gelte für die Forschung weltweit, nicht nur in Deutschland. Wenn man Projekte beachten, die neue hochinnovative und resistenzbrechende Antibiotika vorantreiben würden, finde man diese kaum noch bei großen Firmen angesiedelt. Ausnahmen seien GSK und Roche, sagte Brakhage dem Deutschen Ärzteblatt.

Mit dem scheinbar unaufhaltsamen Ausstieg der großen Unternehmen gehe vor allem Erfahrung im Bereich der translationalen Forschung und Entwicklung verloren. Diese Kompetenzen würden nämlich erst dann benötigt, wenn man eine gute Leitstruktur gefunden habe, die weiterentwickelt werden solle. „Universitäten haben üblicherweise nicht den Durchsatz an neuen Leitstrukturen, um sich diese Expertise langfristig aufbauen und erhalten zu können“, sagte Brakhage.

Da die großen Unternehmen Experten abbauten, müssten potente akademische Institutionen mit Unterstützung öffentlicher Mittel Expertenzentren bilden, um dem großen Mangel entgegenzuwirken. „Wie wir heute sehen, darf die Entwicklung neuer Antibiotika nicht dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen werden. Das gesamt­gesellschaftliche Problem verlangt geradezu nach international abgestimmten Antworten aus der Politik“, betonte Brakhage.

hil

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