Israel stimmt täglichen Feuerpausen zu, viele Kliniken nicht mehr am Netz

Gazastreifen – Israel hat nach Angaben der US-Regierung täglichen Feuerpausen im Gazastreifen zugestimmt. Im Kampf gegen die radikalislamische Hamas sollen jeweils für vier Stunden in Gebieten im Norden des Palästinensergebiets „keine militärischen Einsätze“ stattfinden, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, John Kirby.
Die fortan von Israel gewährten Feuerpausen sollen Kirby zufolge immer drei Stunden im Voraus angekündigt werden. Zuletzt war der Druck auf Israel gewachsen, im Krieg gegen die Hamas humanitäre Pausen oder eine Waffenruhe einzulegen, damit sich unter anderem Zivilisten in Sicherheit bringen können.
US-Präsident Joe Biden nannte die Pausen einen „Schritt in die richtige Richtung“. Er habe „seit Wochen“ mit den israelischen Behörden über die Notwendigkeit solcher Pausen diskutiert, erklärte Biden im Onlinedienst X, ehemals Twitter. Zugleich machte Biden klar, dass er derzeit keine Aussichten auf eine längere Waffenruhe im Gazastreifen sieht.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu selbst erteilte einer Waffenruhe ohne eine Freilassung der Geiseln gestern Abend erneut eine Absage. Im US-Sender Fox News versicherte der Regierungschef zudem: „Wir wollen den Gazastreifen nicht regieren. Wir wollen ihn nicht besetzen. Aber wir wollen ihm und uns eine bessere Zukunft ermöglichen“.
Menschenrechtsverteidiger in Israel sind nach Angaben des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, Volker Türk, empört über die Notlage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Sie sorgten sich nach seinen Angaben auch über die Folgen des Konflikts innerhalb Israels, sagte Türk in Amman in Jordanien. Sie befürchteten langfristig eine Einschränkung ihrer Freiheitsrechte, etwa, zu demonstrieren.
Türk war in der Region, um mit Regierungen, Zivilgesellschaft und UN-Vertretern Möglichkeiten für ein Ende des Konflikts zu erörtern. Er habe sich um Besuche in Israel, im Gazastreifen und im von Israel besetzten Westjordanland bemüht, aber noch keine Antwort von Israel erhalten.
Türk verurteilte die Angriffe der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel vom 7. Oktober. Die Drahtzieher müssten zur Rechenschaft gezogen und Geiseln freigelassen werden. Auch der willkürliche Raketenbeschuss Israels müsse aufhören.
In Bezug auf die israelischen Gegenschläge fügte Türk hinzu: „Aber es ist klar, dass dauerhafter Frieden und Sicherheit nicht durch die Ausübung von Wut und Schmerz gegen Menschen erreicht werden können, die keine Verantwortung für die begangenen Verbrechen tragen.“
Wegen der schweren Bombardierungen, Zerstörungen und dem Mangel an medizinischem Material sind im Gazastreifen nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 20 der 36 Krankenhäuser nicht mehr im Einsatz.
Auch die noch funktionierenden Krankenhäuser laufen demnach nur im Notbetrieb, weil viele für eine normale Versorgung von Patienten nicht genügend Desinfektionsmittel und Anästhesiepräparate oder Strom hätten. Die noch funktionierenden Krankenhäuser hätten teils doppelt so viele Patienten wie Betten, sagte WHO-Sprecherin Margaret Harris.
Die WHO hat demnach heute Berichte über intensive Kampfhandlungen rund um das Schifa-Krankenhaus erhalten. „Wir haben aber keine Angaben zu Schäden“, sagte Harris. Das Schifa-Krankenhaus sei das einzige mit einer Kinderabteilung. Dort seien Kinder auf der Intensivstation und andere, die Dialyse benötigten. Eine Unterbrechung ihrer Versorgung sei für sie lebensgefährlich.
Die israelischen Militäreinsätze im Gazastreifen sind eine Reaktion auf den Angriff der Hamas vor mehr als einem Monat auf Israel. Hunderte Islamisten waren am 7. Oktober nach Israel eingedrungen und hatten Gräueltaten an hunderten Zivilisten verübt, darunter viele Frauen und Kinder. Nach israelischen Angaben wurden dabei etwa 1.400 Menschen getötet und etwa 240 Menschen in den Gazastreifen verschleppt.
Daraufhin erklärte Israel der Hamas den Krieg und greift seitdem Ziele im Gazastreifen an. Mittlerweile drangen israelische Soldaten am Boden bis in die Stadt Gaza vor. Nach nicht unabhängig überprüfbaren Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums wurden bei den Angriffen bislang mehr als 10.800 Menschen getötet.
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