Politik

Je höher die Bettenauslastung im Krankenhaus, desto höher die Mortalitätsrate

  • Freitag, 2. Mai 2014
Uploaded: 02.05.2014 14:27:23 by mis
dpa

Berlin – Liegt die Bettenauslastung in einem Krankenhaus bei über 92,5 Prozent, steigt die Mortalitätsrate der Patienten. Das ist ein Ergebnis der Studie „Stress on the Ward: Evidence of Safety Tipping Points in Hospitals“, die zuerst in der Zeitschrift Management Science veröffentlicht wurde.

Die Autoren der Studie haben die Daten von 82.280 Patienten aus 256 Abteilungen von 83 deutschen Krankenhäusern untersucht. 14.321 dieser Patienten lagen an Tagen im Krankenhaus, an denen die Bettenauslastung 92,5 Prozent überschritten hat – 541 von ihnen starben. Der Studie zufolge wären 14,4 Prozent dieser Todesfälle vermeidbar gewesen, wäre die Bettenauslastung weniger hoch gewesen.

„Das Personal eines Krankenhauses ist ausgelegt auf eine durchschnittliche Bettenauslastung von 85 bis 90 Prozent“, sagte einer der Autoren der Studie, Ludwig Kuntz von der Kölner Universität, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. „Es ist daher nicht verwunderlich, dass es bei einer Auslastung von 100 Prozent an einem bestimmten Tag nicht mehr die Zeit hat, alle Patienten auf hohem Niveau zu versorgen.“

Bei hoher Auslastung steigt der Druck auf Ärzte und Pflegekräfte
Bei einer sehr hohen Auslastung steige der Druck auf Ärzte und Pflegekräfte enorm und damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass ihnen Fehler unterlaufen, so Kuntz. Oder sie seien dazu gezwungen, bestimmte Leistungen bewusst zu unterlassen. „Liegt die Bettenauslastung über 90 Prozent, wird es für alle Patienten gefährlich“, meint der Professor für Health Care Management.

Lösen könne man das Problem „durch flexiblere Arbeitszeitmodelle. Auf diese Weise könnte man das Personal, das da ist, sinnvoller einsetzen“. Eine andere Möglichkeit sind der Studie zufolge Zusammenschlüsse von Krankenhäusern, die nah beieinander liegen und die einen gemeinsamen Mitarbeiterpool bilden. In Zeiten hoher Auslastung einzelner Krankenhäuser könnten diese dann auf Mitarbeiter der anderen Häuser zurückgreifen.

Gröhe will Zahl der Krankenhausbetten reduzieren
Über die richtige Zahl der Krankenhausbetten wird in Deutschland seit langem diskutiert. Erst vor kurzem hatte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) erklärt, deren Anzahl reduzieren zu wollen. Denn trotz steigender Patientenzahlen seien im Jahres­durchschnitt nur 77 Prozent der Kapazitäten in den Kliniken ausgelastet. Das bedeute, dass von den rund 501.000 Klinikbetten etwa 113.000 leer stünden. Man müsse fragen, ob diese hohe Bettenzahl notwendig sei, um die Versorgung der Patienten sicher­zustellen.

Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Theodor Windhorst, hatte dem Minister widersprochen: „Wer so den Statistik-Hammer schwingt, geht den falschen Weg.“ In Westfalen-Lippe seien die 58.000 Krankenhausbetten zu 76,3 Prozent ausgelastet, dies liege leicht unter dem statistischen Bundesdurchschnitt. Ohne die Einbeziehung der Sams- und Sonntage seien die Krankenhäuser aber zu 85 Prozent belegt. „Das ist schon eine ganz andere Hausnummer“, so Windhorst. Zudem müsse bei den Kapazitäts­planungen der Kliniken berücksichtigt werden, dass es in Notfällen wie etwa Grippewellen oder Norovirus-Epidemien zu einer nicht vorhersehbaren Beanspruchung der Kliniken kommen könne.

Und der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Alfred Dänzer, hatte erklärt, dass Jahresdurchschnittszahlen für die Bettenauslastung mit der Wirklichkeit in den Kliniken nur wenig zu tun hätten, weil sie Ferienzeiten, Wochenenden und jahreszeitliche Schwankungen nicht berücksichtigten. Zudem wies er darauf hin, dass die Kranken­häuser in den vergangenen zehn Jahren bereits 600.000 Betten abgebaut hätten.

fos

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