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Johnson nach Rebellion gegen Coronamaßnahmen unter Druck

  • Mittwoch, 15. Dezember 2021
/dpa, PA Media, Uk Parliament, Jessica Taylor
/dpa, PA Media, Uk Parliament, Jessica Taylor

London – Nach einer heftigen Rebellion in den Reihen der eigenen Partei hat der Druck auf den briti­schen Premierminister Boris Johnson erneut zugenommen. Bei einer Abstimmung über verschärfte Coro­namaßnahmen gestern Abend stimmten 98 Abgeordnete aus Johnsons Tory-Partei gegen die Einführung der besonders umstrittenen 3-G-Nachweise für Nachtclubs und Großveranstaltungen.

Johnson hat eine Mehrheit von 79 Stimmen im Unterhaus. Der Premier konnte diese Maßnahmen sowie eine Verschärfung der Maskenpflicht und eine Impfpflicht für das medizinische Personal daher nur mit den Stimmen der Opposition durchs Parlament bringen. Es war die größte Rebellion der Tories gegen Johnson seit seinem Wahlsieg im Jahr 2019.

Die große Frage ist nun, ob Boris Johnson nun bei anderen Vorhaben noch auf die Unterstützung seiner Partei zählen kann – oder ob „der Anfang vom Ende des Boris Johnson“ bevorsteht, die bereits manche Zeitungen vor einigen Tagen mutmaßten. COVID-19 ist in Westminster nicht nur als spaltendes Thema präsent – mehrere Abgeordnete, aber auch Hauptstadtjournalisten sind in den vergangenen Tagen positiv getestet worden. Omikron schickt sich an, schon in den nächsten Tagen die in London dominante Corona­variante zu werden.

Der Tory-Abgeordnete Charles Walker, der zu den Rebellen gehört, sagte der BBC nach der Abstimmung, Johnson habe in der Partei noch immer große Unterstützung, sei aber mit den Impfnachweisen einen Schritt zu weit gegangen.

Die Rebellion sei ein „Schmerzensschrei“ der Konservativen gewesen, die in den Nachweisen eine erheb­liche Beschneidung der individuellen Freiheiten und der persönlichen Verantwortung sehen. Auf die Fra­ge, ob die Abweichler künftig weitere Verschärfungen, die wegen der Omikron-Variante nötig werden könnten, blockieren würden, sagte Walker: „Nicht unbedingt. Aber: Die Stimmung hat sich verändert.“

Die rebellischen Konservativen befürchten nicht nur, dass schärfere Restriktionen die Erholung der briti­schen Wirtschaft hemmen werden. Vor allem führen sie an, dass die Maßnahmen schwer umzu­setzen seien, wenn sich offensichtlich nicht einmal Regierungsbeamte oder Johnson selbst an Regeln halten.

Berichte über vermeintlich illegale Weihnachtsfeiern in der Downing Street während des Lock­downs im vergangenen Jahr haben für Empörung gesorgt und der Regierung einen herben Vertrauens­verlust beschert.

Der Mirror setzte indes seine Enthüllungsserie fort und veröffentlichte ein Foto einer Weihnachtsparty, auf dem mehr als 20 Berater und Mitarbeiter der Tories in den Räumlichkeiten der Partei in Westminster dicht aneinander gedrängt neben einem prall gefüllten Büffet zu sehen sind. Die Feier soll am 14. De­zem­­ber 2020 stattgefunden haben und ist damit eine weitere, bislang nicht bekannte Lockdown-Weih­nachtsfeier im politischen Machtzirkel.

In London waren damals nicht einmal Treffen von zwei Haushalten erlaubt. Der konservative Ex-Kandidat für das Amt des Londoner Bürgermeisters, Shaun Bailey, der auf dem Foto zu sehen ist, trat von seinen öffentlichen Aufgaben zurück.

So heikel, wie die Woche für Boris Johnson begonnen hat, dürfte sie auch weitergehen: Zum Ende der Woche sollen Ergebnisse einer Untersuchung zu den vermeintlichen Weihnachtsfeiern bekanntgegeben werden. Außerdem steht am Donnerstag eine Nachwahl für ein Parlamentsmandat an.

Der Abgeordnete Owen Paterson, ein Parteifreund Johnsons, musste wegen seiner Verwicklung in einen Lobbyismuss­kandal zurücktreten. Nun droht die Konservative Partei den Sitz in der westenglischen Tory-Hochburg North Shropshire an die Liberaldemokraten zu verlieren.

dpa

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