Politik

Kassen und Kliniken streiten über verkürzte Verjährungsfrist bei Nachforderungen

  • Freitag, 2. November 2018
/v.poth, stockadobecom
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Berlin – Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat die Pläne von Bundes­gesund­­heitsminister Jens Spahn (CDU) zur Begrenzung der Verjährungsfrist für Nachforderungen fehlerhafter Klinikabrechnungen verteidigt. Wie das Handelsblatt berichtete, will Spahn diese Frist von vier auf zwei Jahre kürzen – und zwar rückwirkend bis 2017. Die Krankenkassen hatten die Pläne des Gesundheitsministers als „Generalamnestie für Falschabrechnungen“ bezeichnet und mit einer Prozesslawine gedroht. Die Neuregelung ist in einem Änderungsantrag zum Pflegepersonal­stärkungsgesetz enthalten, das der Bundestag bereits am kommenden Freitag verabschieden will.

Für DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum ist der Änderungsantrag dagegen eine logische Konsequenz dar, um die Willkür der Kassen zu begrenzen. Den Vorwurf der „Generalamnestie“ wies er vehement zurück: „Hintergrund der vorgesehenen gesetzlichen Begrenzung der Verjährungsfrist sind die Beliebigkeiten, mit denen die Krankenkassen massenhaft Rechnungskürzungen für längst abgeschlossene Fälle bei den Krankenhäusern einklagen“, so der DKG-Chef.

Jüngstes Beispiel seien Neuinterpretationen zu Fahrtzeiten bei Schlaganfallpatienten. Diese werden laut Baum von fast allen Kassen zum Anlass genommen, Schlaganfall­behandlungen, die ohne medizinische Beanstandungen erbracht wurden, bis zu vier Jahren rückwirkend mit Kürzungen zu belegen.

„Mit den von den Koalitionsfraktionen vorgesehenen Änderungen werden den Krankenkassen deshalb in keinster Weise Rückforderungen von ‚Falschabrechnungen’ abgeschnitten“, betonte Baum. Die Tatsache, dass die Krankenkassen weitere Massenklageverfahren angekündigt hätten, unterstreiche vielmehr die Willkürlichkeit, mit der die Krankenhäuser bis zur Existenzbedrohung attackiert würden.

Der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, erklärte, selbstverständlich stehe es der Politik frei, die Verjährungsfristen für die Zukunft von vier auf zwei Jahre zu verkürzen. „Aber rückwirkende Rechtsänderungen säen vor allem dann Zweifel an der Rechtssicherheit, wenn sie in einer Hau-Ruck-Aktion noch schnell vor der endgültigen Beschlussfassung in ein neues Gesetz eingebaut werden sollen."

AOK-Chef Martin Litsch sprach gegenüber dem Handelsblatt von einer "General­amnestie für falsche Rechnungen" und drohte mit einer Prozesslawine. Verbands­sprecher Lanz äußerte aber grundsätzlich Verständnis für Fehler in den Abrech­nungen. „Aus den Portemonnaies der Beitragszahler fließen Jahr für Jahr über 200 Milliarden Euro an Krankenhäuser, Pharmaunternehmen, Ärzte, Physiotherapeuten, Hebammen und viele mehr", erklärte er. „Dass bei diesen vielen Akteuren auch mal eine fehlerhafte Abrechnung dabei ist, kann niemanden überraschen."

hil/sb

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