Ärzteschaft

KBV-Vertreter­versammlung: Viele Aufgaben für die künftige Gesundheitspolitik

  • Freitag, 6. Dezember 2024
KBV-Vertreterversammlung am 6. Dezember in Berlin /Gebhardt
KBV-Vertreterversammlung am 6. Dezember in Berlin /Gebhardt

Berlin – Ambulantisierung, die Suche nach Nachwuchs und Entbudgetierung ärztlicher Leistungen: Die Delegier­ten der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) legten gleich mehrere Schwer­punkte in der heutigen Debatte. Für viele Themen forderten sie Aufmerksamkeit aus der Gesundheitspolitik und die Aufnahme in das künftige Regierungshandeln.

Dazu gehören die zügige Aufhebung von Bagatellgrenzen bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung sowie auch eine Strafgebühr für Krankenkassen, die unbegründete Anträge stellten, forderte Frank Bergmann von der KV Nordrhein.

Auch bei der Ambulantisierung müsse es einen Neustart in der Gesundheitspolitik geben. „Gleich lange Spieße, klare Struktur/Systematik der Leistungsauswahl mit nachhaltiger Kalkulation der Leistung und einer realen Sachkostenerstattung und Berücksichtigung der fachärztlichen Weiterbildung“, lautet die Forderung aus einem einstimmig angenommenen Antrag der Vertreterversammlung.

Besonders die mit der gerade verabschiedeten Krankenhausreform eingeführten Hybrid-DRG standen auch unter den VV-Mitgliedern in der Diskussion. Hier müsse man mit viel mehr „Weitblick“ an die Diskussion gehen und könne sich nicht auf die im Gesetz kurzen Fristen der Verhandlungen in der Selbstverwaltung einlassen, sagte Helmut Weinhart von der KV Bayerns.

Zur Stärkung der ambulanten Versorgung gehöre zwingend auch die Entbudgetierung, nicht nur der Hausärzte, sondern „aller Versorgungsbereiche“, hieß es in einem weiteren Antrag. Der Regierungsbruch sei dafür eine Möglichkeit, dies bei einer neuen Regierung erneut in die Debatte einzubringen. „Eine Überregulierung durch Eingriffe in die Autonomie zur Organisation der Praxisabläufe wie beispielsweise Vorgaben zum Termin­manage­ment durch Krankenkassen lehnen wir entschieden ab“, heißt es darin weiter.

Für mehr Attraktivität für den ärztlichen Nachwuchs in der ambulanten Versorgung warb Karsten Braun von der KV Baden-Württemberg. Das Herausdrängen von Ärztinnen und Ärzten aus dem Versorgungssystem in den Zeiten der „Ärzteschwämme“ sei vorbei, die Beliebtheit des Medizinstudiums, die hohen Absolventenzahlen und der gleichzeitige Mangel an Niedergelassenen „passt wenig“ zusammen, erklärte Braun. „Sie wollen nicht in einem leistungsfeindlichen und überbürokratischen Gesundheitssystem arbeiten“, so Braun weiter.

Man müsse sich nicht wundern, wenn immer mehr junge Menschen angestellt arbeiten wollten. Doch die Finanzierung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) oder anderen gesundheitlichen Einrichtungen, die zur Not auch von den Kommunen übernommen würden, sei keine Lösung. Vielmehr müssten sich die Ein­richtungen von Gesundheitsversorgung selbst tragen, argumentierte Braun.

Es müsse auch andere Zeichen der Wertschätzung der Arbeit geben, beispielsweise wenn Praxen nicht in die Verschärfung des Strafrechts zum besseren Schutz unter anderem Rettungskräften und Mitarbeitern in Notauf­nahmen erwähnt würden.

„Der Gesetzgeber muss die Praxen in den Katalog aufnehmen“, forderte Frank Bergmann von der KV Nordrhein. Doch dies hat die Bundesregierung unter dem damaligen Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) bislang abgelehnt. „Wir bekämpfen bei der Gewalt zwar nur ein Symptom, denn Türsteher kann es künftig nicht überall geben“, räumte er ein.

Die Kritik an den Vorhaben der Digitalisierung verstummen auch in der VV nicht: Für Christian Messer von der KV Berlin stellen sich zum geplanten Start der „ePA für alle“ noch viele Fragen. Es sei ein „Trümmerhaufen", der dort nun an den Start gehen soll, es gebe keinen perspektivischen Nutzen, es sei ein „elektronischer Akten­deckel“, der zu Beginn vorhanden sei, so Messer.

„Als Medikament würde ich so etwas nie verschreiben“, fügte er hinzu. Die Delegierten der Vertreterversamm­lung verabschiedeten einstimmig einen Antrag, in dem der Zweifel an der ePA weiter formuliert wird: „Immer noch sind wichtige Fragen, die die Rechte der Patienten, den Datenschutz und die ärztliche Schweigepflicht wie auch die technische Einführung der ePA betreffen, ungeklärt“, heißt es darin.

Auch verlang die VV eine viel „sachgerechter und sehr viel umfangreichere" Aufklärung durch die Krankenkassen über die ePa. Auch Kinder- und Jugendliche müssten vor einer frühen Datenerhebung geschützt werden, hieß es weiter.

Sorgen machen den Mitgliedern der VV die Zeit nach der Testphase der ePA, wenn der bundesweite Roll-out durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) festgestellt wird. Dieser dürfe „in allen Praxen erst nach einer hinreichend langen, aussagekräftigen und erfolgreichen Testphase erfolgen“, so die VV-Mitglieder in einem Antrag.

Für die vielen Aufgaben, die vor der Selbstverwaltung, aber auch der Gesundheitspolitik stehen, forderten Sebastian Sohrab aus der KV Nordrhein sowie Annette Rommel von der KV Thüringen gemeinsames Unterhaken und mehr Selbstbewusstsein.

„Eine kleine Portion Selbstbewusstsein dürfen wir haben“, erklärte Sohrab. Und Rommel wies darauf hin, dass „wir nur gemeinsam stärker sind“ und der Gesundheitspolitik auf Landes- und auf Bundesebene deutlich ge­macht werden müsse, dass sie „ideologiefreie Lösungen“ für die Versorgungsthemen finden müsse.

Traditionell wird in der Sitzung kurz vor Jahresende auch die Finanzplanung der Kassenärztlichen Bundesver­einigung von den Mitgliedern der Vertreterversammlung beschlossen. Den Verwaltungshaushalt, in dem Auf­wendungen und Erträge festgehalten werden, liegen 2025 bei 121,88 Millionen Euro. Der Investitionshaushalt liegt bei 845.000 Euro.

Insgesamt wird die Verwaltungsumlage für die Kassenärztliche Vereinigungen auf 1,53 Promille der von den KVen abgerechneten Vergütungen für die ärztliche Versorgung festgesetzt wird, heißt es in dem Beschluss, der bei namentlicher Abstimmung einstimmig angenommen wurde.

„Zusätzlich werden weitere 15 Prozent der erforderlichen Verwaltungskostenumlage als Festbetrag verteilt nach Mitgliederzahlen der Kassenärztlichen Vereinigungen erhoben.“ Weitere Gelder entnimmt die KBV aus eigenen Rücklagen.

bee

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