Steiner: Weitere Akteure der Versorgung müssen bei Digitalisierung folgen

Berlin – Die ärztliche und -psychotherapeutische Versorgung in den Praxen ist derzeit „der mit Abstand am stärksten digitalisierte und digital vernetzte Teil unseres Gesundheitswesens“, betonte heute Sibylle Steiner, Mitglied des Vorstandes der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Man erwarte nun, dass die anderen Akteure folgten – nur so könne Digitalisierung Nutzen für die Versorgung stiften.
Die digitale Vernetzung müsse „breiter und engmaschiger“ werden, forderte Steiner. Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten hätten in der vergangenen Zeit mit anhaltendem Engagement und „trotz aller Widrigkeiten“ viel bewerkstelligt.
„500 Millionen eingelöste E-Rezepte, 300 Millionen elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und – ebenfalls per KIM-Dienst – fast 50 Millionen eArztbriefe sprechen für sich.“ Steiner verwies auch auf den „erheblichen finanziellen Einsatz“.
In diesem Zusammenhang sprach sie sich für gemeinsam mit einer neuen Bundesregierung erarbeitete Eckpunkte für ein sogenanntes „Praxiszukunftsgesetz“ aus. Mit einem solchen Gesetz könne der Gesetzgeber mit gezielter Förderung von Innovationen für eine wirklich versorgungsstärkende weitere Digitalisierung der Praxen sorgen.
Zudem müsse ein wichtiger Aspekt aus dem Entwurf für das Gesundheits-Digital-Agentur-Gesetz (GDAG) schnell umgesetzt werden: Die Gematik müsse dazu zu befähigt werden, quantitative und qualitative Vorgaben für Anwendungen, Dienste und Komponenten der Telematikinfrastruktur (TI) und für Praxisverwaltungssysteme zu machen – und diese auch durchsetzen können.
Störungsfreie Telematikinfrastruktur benötigt
Angesichts dessen, dass mit der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) das größte Digitalprojekt des deutschen Gesundheitswesens unmittelbar vor der Tür stehe, brauche man ein hohes Maß an Störungsfreiheit der TI, betonte Steiner.
Bei der „ePA für alle“ werde es ganz wesentlich darauf ankommen, wie die ePA-Module in den unterschiedlichen Praxisverwaltungssystemen (PVS) in den Modellregionen im Echtbetrieb performen würden. Dies werde man gemeinsam mit den dortigen Kassenärztlichen Vereinigungen sehr eng begleiten.
„Ich kann Ihnen versichern, dass wir der Gematik und dem BMG die gewonnenen Erkenntnisse darüber zurückspiegeln, was von wem zu tun ist, bevor der bundesweite Roll-Out ausgerufen werden kann“, so Steiner.
Wenn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) über den Zeitpunkt des bundesweiten Starts der ePA höchstpersönlich entscheiden wolle, bleibe aus ihrer Sicht angesichts der Bundestagswahl Ende Februar abzuwarten, „ob mit politisch-euphemistischer Bauchevidenz oder echter Fakten-Evidenz“.
Ein voreiliger bundesweiter Start könne aber zu erheblich gestörten Praxisabläufen und – worauf auch die Industrie hinweise – sogar zu unvorhersehbaren Auswirkungen auf TI-Anwendungen wie eRezept, eAU und KIM führen, warnte Steiner. Um keine zusätzliche Belastungen in den Praxen zu verursachen, müsse man sich auf ausreichend getestete und gut funktionierende Praxisverwaltungssysteme unbedingt verlassen können.
Immerhin habe das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf Drängen der KBV schriftlich bestätigt, dass die Praxen erst ab dem bundesweiten Roll-Out verpflichtet seien, ePA-Module im jeweiligen PVS vorzuhalten und damit die vom BMG festgelegte beziehungsweise gesetzlich vorgeschriebene Kürzung der TI-Pauschale sowie der Honorare zu vermeiden.
Die Vergütung für all jene Aufwände, die in den Praxen durch Information über die ePA und durch die Pflege derselben entstehen, werde man „weiterverfolgen“, sicherte Steiner in Richtung der Praxisteams zu.
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