Politik

Kein Arzt heißt oft, auch kein Apotheker

  • Mittwoch, 8. Februar 2017
Uploaded: 15.01.2013 17:30:36 by mis
/dpa

Mainz – Wer auf dem Land wohnt und ein Medikament benötigt, muss oft weit fahren. Immer mehr Apotheken schließen. Viele ältere Apotheker finden keinen Nachfolger. An­dere machen dicht, weil in ihrem Ort niemand mehr ein Rezept ausstellt, zeigt das Beispiel Rheinland-Pfalz.

„Wo Ärzte sich ansiedeln, haben Apotheken eine Chance, weil die Patienten dann Re­zep­te einlösen. Das gilt auch umgekehrt: Dort, wo es keine Ärzte gibt, haben Apotheken es schwer“, sagte Frank Eickmann vom Apothekerverband in Rheinland-Pfalz. Noch ge­be es 26 Apotheken pro 100.000 Einwohner, das ist etwas besser als im Bundesschnitt.

Rechnerisch kommen also 3.960 Einwohner auf eine Apotheke. In Orten, die kleiner sind, werde es schwierig, sagt Eickmann. Und dennoch: In der Zweitausend-Seelen-Ge­meinde Rhaunen im Hunsrück führt Johannes Jaenicke die Adler-Apotheke in der dritten Generation. Dass er die Apotheke „ohne Selbstausbeutung“ betreiben kann, sagte er, verdanke er einem jungen Ärztepaar.

Vor sechs Jahren sei überraschend der Landarzt in Rhaunen gestorben. Die Kassen­ärzt­liche Vereinigung wollte daraufhin die Zulassung der Praxis, die noch sechs Monate gül­tig war, nicht verlängern, erzählt Jaenicke. „Da hängen Sie als Apotheker in der Luft“. Nach einem knappen halben Jahr entschied sich ein junges Ärztepaar dazu, aufs Land zu ziehen und die Praxis zu übernehmen. Das habe die Apotheke vor einem Umsatzein­bruch von 50 Prozent bewahrt.

„Das Verhältnis zwischen Arzt und Apotheker ist eine Symbiose“, sagte Jaenicke. Gera­de auf dem Land arbeite man eng zusammen und sei aufeinander angewiesen. 80 Pro­zent seines Umsatzes mache er durch ärztliche Verordnungen. Laufkundschaft, so wie es sie in Städten gibt, sei auf dem Land nicht vorhanden.

Laut Eickmann vom Landesapothekenverband schließen vor allem kleine Apotheken, also jene, die einen Jahresumsatz von höchstens 1,2 Millionen Euro haben. Diese liegen nicht nur in entlegenen Regionen des Hunsrück oder Westerwald, sondern auch im Speck­gürtel von großen Städten. Und in Schlafdörfern, aus denen die Bewohner jeden Tag in die Städte pendeln.

Uta Reimann-Schreiber ist Apothekerin im Alsenztal im Donnersbergkreis. In Alsenz pro­fitiere sie zwar von einem kleinen Einkaufszentrum in der Nähe, sagt sie. Langfristig rech­net die Apothekerin aber damit, dass die Kunden vermehrt in die Apotheken in den Mittel­zentren gehen – dort, wo sie im Alltag einkaufen. „Mit dem falschen Standort sind Sie weg vom Fenster“, meint Reimann-Schreiber.

Es gebe durchaus auch Neugründungen – aber hauptsächlich in Städten, etwa in neuen Wohngebieten, sagt Eickmann. Außerdem komme es häufig vor, dass eine aufgegebe­ne Apotheke von einem anderen Apotheker als Filiale übernommen wird. „Seit 2004 darf ein Apotheker zu einer Hauptapotheke maximal drei Filialen haben“, sagt Eickmann. „Es gibt einen Trend zur Filialisierung.“ Allerdings müsse dieser im gleichen Landkreis ar­beiten.

Durch das Apothekensterben müssen die Apotheker, die noch da sind, häufiger Not­diens­te in den Nächten und an den Wochenenden übernehmen. Denn die Menschen sollen höchstens 15 bis 20 Kilometer fahren müssen, erläuterte Doris Wettmann von der Landesapothekerkammer, die die Notdienste organisiert. „Im Worst Case sind es auch mal 25 Kilometer.“

In dünn besiedelten Regionen müssen die Apotheker dann bis zu 50 solcher Notdienste leisten. „Es geht uns um eine flächendeckende Versorgung“, sagte Wettmann. Eickmann bestätigt, dass die Belastung oft sehr hoch sei. „Unter einer 70-Stunden-Woche kommt ein Apotheker normalerweise nicht raus.“

Dennoch ist der Beruf weiter attraktiv. Zwar seien zwölf Prozent der Mitglieder im Lan­desapothekerverband älter als 65, aber ebenso viele seien jünger als 35 Jahre, sagte Eick­mann. „Es gibt nach wie vor genügend Pharmaziestudenten. Bislang haben wir keine Nachwuchssorgen.“ Sorgen machten ihm hingegen die geringe Zahl an pharma­zeutisch-technischen Assistenten und pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten in der Ausbil­dung. „Es wird für Apotheker zunehmend schwer, gerade im ländlichen Bereich, ausrei­chend Personal zu finden“, erklärte er.

dpa

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