Kein Hafen für Sea-Watch

Rom/Straßburg – Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch hat im Ringen um ihr blockiertes Rettungsschiff einen weiteren Rückschlag erlitten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) kam einem Eilantrag der Seenotretter und Geretteten, in Italien anlegen zu dürfen, gestern nicht nach. Die italienischen Behörden müssten Migranten, die wegen ihres Alters oder Gesundheitszustandes besonderen Schutz brauchten, aber weiterhin Unterstützung zukommen lassen, so der Gerichtshof.
Sea-Watch hatte am 12. Juni 53 Menschen vor Libyen an Bord genommen. Seitdem wartet die Organisation vergeblich auf eine Erlaubnis, in einen europäischen Hafen zu fahren. Das Schiff „Sea-Watch 3“ befindet sich unweit der sizilianischen Insel Lampedusa und darf auch nicht in italienische Hoheitsgewässer fahren. Wird das Verbot missachtet, drohen hohe Geldstrafen, Ermittlungen und eine erneute Beschlagnahmung des Schiffs.
Die deutsche Kapitänin sagte, sie würde prinzipiell trotz des Verbots der italienischen Regierung in die Hoheitsgewässer des Landes fahren. „Ich fahre in italienische Gewässer und ich bringe sie (die Migranten) in Sicherheit auf Lampedusa“, sagte Carola Rackete, die aus Kiel kommt, der Zeitung La Repubblica. Sie sei für die Geretteten verantwortlich „und die halten es nicht mehr aus. Ihr Leben kommt vor jedem politischen Spiel“. Sea-Watch machte aber auch klar, dass bislang nicht geplant sei, das Verbot zu missachten.
Bislang konnten elf Migranten unter anderem wegen ihres Gesundheitszustandes das Schiff verlassen. Darauf verwies das Menschenrechtsgericht in der Begründung der Entscheidung: An Bord gebe es derzeit keine Menschen mehr, die auf dem Schiff gefährdet seien. Deswegen gebe es derzeit keinen Grund für die Anwendung der Maßnahmen.
Kapitänin Rackete und rund 40 Migranten an Bord hatten nach EGMR-Angaben Anträge auf eine einstweilige Maßnahme gestellt, in Italien an Land gehen zu dürfen. Nach diesem Verfahren kann der Gerichtshof in Fällen drohender Menschenrechtsverletzungen einschreiten und Staaten anweisen, Abhilfe zu schaffen.
Die Entscheidung des EGMR zeige, dass niemand Verantwortung übernehmen will“, sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer. Er kündigte an, trotz des Verbots mit ihrem Rettungsschiff in italienische Gewässer zu fahren und damit eine Geldstrafe zu riskieren. Zwei Wochen nach der Rettung von 53 Migranten vor Libyen gerate die Situation an Bord außer Kontrolle, sagte Neugebauer heute.
Einem ähnlich lautenden Eilantrag von Sea-Watch hatte der EGMR Ende Januar ebenfalls nicht stattgegeben. Die damals 47 Migranten durften erst in Italien an Land, nachdem sich mehrere EU-Staaten auf ihre Verteilung geeinigt hatten.
Italiens Innenminister Matteo Salvini sieht sich durch die neuerliche Entscheidung in seinem Kurs bestätigt. „Geschlossene Häfen für Menschenschlepper und ihre Komplizen”, erklärte er. In dieser Hinsicht gebe es kein Zurück.
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