Politik

Kein SMS-Versand bei Einführung des elektronischen Rezepts

  • Dienstag, 9. August 2022
/picture alliance, Mohssen Assanimoghaddam
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Berlin – Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) möchte, dass die Gematik künftig weitere, anwenderfreundlichere Übertragungsmöglichkeiten für elektronische Verordnungen (E-Rezepte) entwickelt. Im Gespräch ist derzeit die Übertragung per SMS oder E-Mail.

Eine dahingehende Meldung des Handelsblattes hatte in den vergangenen Tagen branchenintern für Verwir­rung gesorgt: Demnach habe die Gematik Pläne, den SMS-Versand von E-Rezepten zu ermöglichen.

Sowohl die Gematik selbst als auch ihr Mehrheitseigner, das Bundesgesundheitsministerium (BMG) halten sich auf Nachfrage aber bedeckt. Konkrete Pläne oder Prüfverfahren bestätigen sie nicht, sondern verbleiben im Allgemeinen.

„BMG und Gematik prüfen derzeit verschiedene Weiterentwicklungsmöglichkeiten des E-Rezepts“, erklärte eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage. Die Gematik wiederum verwies ungefragt auf das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und den Bundesdatenschutzbeauftragten (BfDI).

„Die Gematik entwickelt die Anwendung E-Rezept ständig weiter unter Beachtung der gesetzlichen Rahmen­be­dingungen, Lösungen mit BfDI und BSI stets abzustimmen und deren aktuellen Anforderungen zu begeg­nen“, antwortet eine Unternehmenssprecherin.

Der Datenschutzbeauftragte wiederum hält sich ebenso bedeckt: „Der BfDI prüft aktuell die datenschutz­recht­lichen Aspekte anhand der Informationen, die dazu von der Gematik vorliegen“, sagte ein Sprecher.

Weiterentwicklung der Übertragung von E-Rezept-Token

Nach Informationen, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegen, ist dabei der letzte Teil des Satzes entscheidend. Demnach hat die Gematik am 20. Juli ein Meeting abgehalten, an dem unter anderem Vertreter des BMG, des BfDI und des BSI teilgenommen haben. Inhalt waren neben anderen Themen auch die Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Übertragung von E-Rezept-Token.

Denn mit dieser Bitte war zuvor die KVWL an die Gematik herangetreten. In Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein beginnt nämlich im September der Roll-out des E-Rezepts und die Gematik hat sich große Ziele ge­setzt: Jeder vierte Verordnung verschreibungspflichtiger Arzneimittel soll in den beiden Regionen via E-Rezept erfolgen.

Das Problem dabei: In den Arztpraxen hält sich die Begeisterung für das E-Rezept in engen Grenzen, weitere – insbesondere finanzielle – Anreize für die Ausstellung von E-Rezepten werden aber nicht geschaffen. Die Ge­sellschafterversammlung der Gematik hatte das Unternehmen zwar aufgefordert, zu prüfen, ob und welche Anreizsysteme möglich wären. Doch die Entscheidung fiel negativ aus.

Also bleibt der KVWL nur, die Praxen vom Mehrwert des E-Rezepts zu überzeugen, um sie zu seiner Nut­zung zu motivieren. „Die KVWL wird den langfristigen Nutzen des E-Rezeptes für die Praxisteams herausstel­len, obgleich sich dieser mit dem derzeitigen Übertragungsweg des ausgedruckten Tokens noch nicht voll­um­fänglich entfalten kann“, erklärte sie auf Anfrage.

Denn wenn Ärztinnen und Ärzte das digital erstellte Rezept – beziehungsweise den Zugangstoken samt Re­zeptinformationen – erst ausdrucken müssen, haben sie keinen Vorteil zur heutigen Bedruckung eines Muster-16-Formulars, sondern im Gegenteil sogar mehr Aufwand.

Der medienbruchfreie Übertragungsweg via E-Rezept-App der Gematik ist jedoch derzeit nur für einige Zehn­tausend Menschen in Deutschland gangbar – zu umständlich ist das Freischaltungsverfahren für die NFC-Funk­tion, als dass ein Großteil der gesetzlich Krankenversicherten es durchführen würden.

Die Möglichkeit zur Freischaltung der Funktion per Videoidentverfahren wiederum wurde erst ab Juni dieses Jahres schrittweise bei einzelnen Krankenkassen eingeführt – aber just heute aufgrund einer Sicherheitslücke von der Gematik bereits wieder verboten. Schwierigkeiten bei der Bereitstellung NFC-fähiger elektronischer Gesundheitskarten aufgrund des globalen Mangels an Halbleiterchips tun ihr Übriges dazu.

Die KVWL sucht deshalb nach Wegen „um die Praxistauglichkeit des E-Rezepts voranzutreiben“, wie sie auf An­frage betont. Dazu stehe sie im engen Austausch mit allen Beteiligten, von den Herstellern von Praxisver­waltungssystemen über die Gematik bis zu den Verbänden.

Niedrigschwellige digitale Übertragungswege entwickeln

„Dazu gehört beispielweise die Umsetzung weiterer, niedrigschwelliger digitaler Übertragungswege, also die Möglichkeit, E-Rezepte künftig mit der elektronischen Gesundheitskarte in der Apotheke einlösen zu können oder den Token (…) über E-Mail oder SMS an Versicherte und Apotheken zu übermitteln“, erklärte eine Spre­cherin auf Anfrage.

Diese in dem Meeting vom 20. Juli thematisierte Erweiterung der Übertragungswege wiederum hat nach In­formationen des Deutschen Ärzteblattes der Product Owner E-Rezept-App der Gematik am Folgetag den Teilnehmern in einer Nachzusammenfassung per E-Mail zukommen lassen.

Darin heißt es nach Aussage von Teilnehmern des Meetings lediglich, dass eine etwaige Funktion zum SMS-Versand noch beschrieben und ein Konzept dafür vorgelegt werden müsse. Mit einer allzu zeitnahen Umsetzung, gegebenenfalls noch vor Beginn des Roll-outs im September ist dementsprechend nicht zu rechnen.

lau

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