Keine soziale Selektion bei der Herzinfarktversorgung

Bremen – Bremer Bürger aus sozial benachteiligten Stadtteilen erleiden häufiger einen Herzinfarkt als Personen aus Vierteln mit hohem sozialem Status. Bei der akuten Behandlung von Betroffenen scheint der soziale Hintergrund aber keine Rolle zu spielen. Das ergab eine Datenanalyse des Instituts für Herz- und Kreislaufforschung (BIHKF) der Stiftung Bremer Herzen am Klinikum Links der Weser und des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS).
„Zwischen Januar 2006 und Dezember 2015 haben 3.462 Bremer erstmals einen ST-Hebungs-Myokardinfarkt erlitten. Davon waren 71 Prozent Männer, 44 Prozent der Betroffenen waren aktive Raucher, 21 Prozent hatten Diabetes und 23 Prozent waren fettleibig“, erläuterten die Erstautoren der Studie Johannes Schmucker und Susanne Seide vom BIHKF am Klinikum Links der Weser. Mithilfe der Postleitzahlen der betroffenen Personen haben die Wissenschaftler diese verschiedenen Benachteiligungsindizes zugeordnet und in vier Gruppen eingeteilt – von Gruppe eins mit hohem sozialen Status bis Gruppe vier mit niedrigem sozialen Status.
Die Analyse ergab einen ausgeprägten sozialen Gradienten. „Am stärksten ausgeprägt ist dieser Gradient bei jüngeren Patienten unter 50 Jahren. Hier ist die Häufigkeit von Infarkten in Gruppe vier mit niedrigem sozialem Status im Vergleich zur Gruppe eins mit hohem Status mehr als zweifach erhöht – mit fast identischen Werten für Frauen und Männer“, erläuterte Schmucker. „Ein Grund dafür könnten die Risikofaktoren sein. So waren die Betroffenen der Gruppe vier deutlich häufiger aktive Raucher und/oder stark übergewichtig“, so der Wissenschaftler.
Eine soziale Selektion bei der Versorgung zeigte die Studie aber nicht. Sowohl bei Art und Qualität der Behandlung im Krankenhaus als auch bei der verstreichenden Zeit vom Eintreffen im Krankenhaus bis zum lebensrettenden Erweitern der betroffenen Gefäße mittels Ballonkatheter – die „Door-To-Balloon-Zeit“ – spielt der soziale Status in Bremen laut der Studie keine Rolle. „Dieses Ergebnis steht im Kontrast zu Studien etwa aus Finnland, Kanada oder den USA“, hieß es aus der Arbeitsgruppe.
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