Ärzteschaft

Kinderärzte fordern mehr Gesundheitsvorsorge und -fürsorge

  • Montag, 14. Oktober 2013

Bad Orb – Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) warnt eindringlich vor einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung für Heranwachsende in Deutsch­land. Wohnortnahe Kinderkliniken müssten erhalten bleiben. Die Anfahrtszeit dürfe nicht mehr als 45 Minuten betragen, betonte der Verband bei seinem Herbstkongress. In Bad Orb stellte er einen 15-Punkte-Katalog mit Forderungen an die Adresse der neuen Bundesregierung vor. Zwar schrieben derzeit 70 Prozent der Kinderkliniken und Abtei­lungen rote Zahlen. Es sei aber nicht hinnehmbar, dass benötigtes Personal abgebaut werde, nur um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.

Nach den Worten von Verbandspräsident Wolfram Hartmann sei auch dringend eine Versorgungslücke zu schließen. Für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren müsse es einen gesetzlichen Anspruch auf Vorsorgeuntersuchungen geben.

Ein massives Problem sei der Kampf gegen Adipositas und Bewegungsmangel. „Stän­diges Sitzen als verbreitete Lebensform wird mit seinen langfristigen Konsequenzen für die Gesundheit als genauso gefährlich eingeschätzt wie das Rauchen“, sagte der wissenschaftliche Leiter des Kongresses, Klaus-Michael Keller. 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen bundesweit seien übergewichtig und 6,4 Prozent aller Kinder adipös.

Massive Kritik richtete der Verband an die Politik wegen des im Jahr 2012 im Eiltempo verabschiedeten Beschneidungsgesetzes. „Es hat die Probleme überhaupt nicht gelöst“, befand Hartmann. Nach wie vor hätten die Jungen kein Recht auf körperliche Unver­sehrt­heit und kein Selbstbestimmungsrecht. „Wir beobachten in den Arztpraxen, dass sich nichts verändert hat. Es wird unverändert beschnitten ohne Schmerzfreiheit. Es gibt unverändert hohe Komplikationsraten.“ Das Gesetz diene nicht dem Kindeswohl.

In Deutschland ist die Beschneidung von Jungen an der Vorhaut aus religiösen Gründen nach einer Neuregelung unter bestimmten Voraussetzungen weiter erlaubt. Das Gesetz sieht vor, dass sie im Alter bis sechs Monate auch von Nicht-Ärzten beschnitten werden dürfen, sofern diese nach den Regeln ärztlicher Kunst verfahren. Der Kompromiss­vorschlag des Ärzteverbandes: Die Jungen sollten selbst ab 14 Jahren entscheiden, ob sie diesen Eingriff vornehmen lassen.

dpa

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