Politik

Koalitionsstreit über Bedingungen für größere Beitragsentlastung

  • Freitag, 17. August 2018
/fotomek, stockadobecom
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Berlin – Die Große Koalition sucht nach Lösungen, auch um eine voraussichtlich deutliche Beitragssatzsteigerung in der Pflegeversicherung an anderer Stelle durch eine Entlastung auszugleichen. Das scheint schwieriger als gedacht. Über die Bedingungen für eine stärkere Entlastung beim Arbeitslosenbeitrag ist ein Streit entbrannt.

Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) bekräftigte, dass eine deutlichere Senkung vorstellbar wäre als bisher vereinbart – aber unter Voraussetzungen. „Wenn wir bei der Qualifizierung und dem Schutz bei Arbeitslosigkeit zu guten Lösungen kommen, bin ich bereit, ein Stück darüber hinauszugehen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Für die Union sagte Fraktionschef Volker Kauder (CDU), immer neue Bedingungen des Ministers überzeugten ihn derzeit nicht. Kommen solle „eine kräftige Senkung“ auch als Ausgleich für steigende Pflegebeiträge.

Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD festgelegt, den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung zum 1. Januar 2019 um 0,3 Punkte auf 2,7 Prozent des Bruttolohns zu senken. Die Beitragszahler sollen so um 3,5 Milliarden Euro entlastet werden. Heil hatte schon angedeutet, dass – eventuell befristet – bei der Senkung etwas „draufgelegt“ werden könnte. Er pochte nun aber erneut auf Bedingungen. „Ich werde nicht die Kassen plündern, nur weil sich die Union das wünscht.“

Kleine und mittlere Firmen müssten unterstützt werden, wenn sie in Weiterbildung investieren, sagte Heil in dem Interview. Zudem müsse man darauf reagieren, dass es immer mehr kurzfristig Beschäftigte gebe, etwa in IT-Projekten. Sie zahlten Beiträge, bekämen aber nie etwas heraus: „Mein Vorschlag ist, den Schutz in der Arbeitslosenversicherung für alle zu gewährleisten, die mindestens zwölf Monate innerhalb von drei Jahren Beiträge gezahlt haben.“

Kauder bekräftigte, es gebe Spielraum für eine Senkung um 0,6 Punkte. „Wir dürfen als Koalition keinesfalls zulassen, dass in Zeiten einer sehr guten Wirtschaftslage 2019 die Belastung für die Unternehmen und Arbeitnehmer noch steigt“, sagte er dem RND. Hintergrund ist, dass der Beitrag zur Pflegeversicherung ebenfalls zum 1. Januar 2019 steigt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat eine Anhebung um 0,3 Punkte angekündigt, hält aber auch eine Größenordnung von 0,5 Punkten für realistisch. Derzeit liegt der Satz bei 2,55 Prozent des Bruttoeinkommens, Kinderlose zahlen 2,8 Prozent.

Zu Heils Forderung zum Arbeitslosengeld für Kurzzeitbeschäftigte sagte Kauder dem RND, schon jetzt seien die Voraussetzungen für den Bezug so ausgestaltet, dass auch Menschen, die in Projekten immer nur zeitweise beschäftigt sind, angemessen abgesichert seien.

Die FDP kritisierte, die Entlastung dürfe „kein Zusatzgeschäft im Koalitionsbasar“ sein. Angesichts übervoller Kassen und ausreichender Reserven sei es eine Zumutung von Heil, die dringend nötige starke Beitragssenkung an irgendwelche Bedingungen knüpfen zu wollen, sagte FDP-Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel. Linke-Chef Bernd Riexinger warnte vor einer Plünderung der Kassen, die benachteiligten Menschen zugutekommen sollten.

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, hatte vor einer zu hohen Senkung gewarnt. Eine Minderung um 0,6 Punkte würde die BA ins Minus führen. Bis zum Ende des Jahres rechnet sie mit einem Finanzpolster von 22,5 Milliarden Euro. Mit dem Geld sollen wirtschaftliche Flauten abgefedert werden.

dpa

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