Politik

Krankenhaus­gesellschaft: 1,5 Milliarden Euro Mehrkosten durch IT-Vorgaben

  • Mittwoch, 27. Dezember 2023
/Askhat, stock.adobe.com
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Berlin – Die Vorgaben zur IT-Sicherheit, denen Krankenhäuser seit zwei Jahren unterliegen, haben initiale Aufwände von 1,5 Milliarden Euro verursacht und führen zu einem jährlichen Investitionsbedarf von rund 837 Millionen Euro. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Insbesondere für mittelgroße Krankenhäuser ist die finanzielle Belastung demnach hoch.

Die damalige schwarz-rote Bundesregierung hatte 2020 mit dem Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG) Krankenhäuser verpflichtet, ab Anfang 2022 angemessene Schutzmaßnahmen zur IT-Sicherheit zu treffen.

Aufgrund unterschiedlicher infrastruktureller Voraussetzungen der verschiedenen Krankenhäuser – in Bezug auf Faktoren wie deren Größe, dem Alter der vorhandenen IT-Ausstattung und dergleichen– können die durch die Regelung zusätzlich verursachten Kosten stark voneinander abweichen, merken die Studienautoren der Strategieberatung Goldmedia an.

Während einige Häuser bereits aufgrund individueller Faktoren nahezu auf dem geforderten Stand der Technik operieren würden, sei der Nachrüstbedarf bei anderen Krankenhäusern beträchtlich. Allerdings seien diese Kosten nicht im pauschalisierenden Vergütungssystem für stationäre Krankenhausleistungen (aG-DRG-Fallpauschalen) abgebildet.

Die Kostenerhebung solle deshalb helfen, eine Grundlage für die objektive Bewertung der entstehenden Kosten für die Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen über die Betriebskosten zu schaffen. Dazu haben die Autoren zwischen Dezember 2022 und Januar 2023 mittels einer quantitativen Onlinebefragung Angaben von 152 Krankenhäusern ermittelt und die entstehenden Zusatzkosten repräsentativ hochgerechnet.

Die Gewichtung erfolgte dabei in vier Klassen anhand der realen Größenverteilung der deutschen Kranken­häuser: 1 Bett bis 199 Betten, 200 bis 399 Betten, 400 bis 599 Betten sowie über 600 Betten. Betrachtet wurden insbesondere die Kostenfaktoren Informationssicherheitsmanagement, IT, Medizintechnik, Einkauf, Facility Management und Verwaltung.

Von den 1,5 Milliarden Euro an initialen Zusatzinvestitionen durch die Umsetzung der Vorgaben, die in § 75c SGB V festgehalten sind, entfällt der überwiegende Teil demnach auf die Abteilung IT. Rund 837 Millionen Euro betrug der Investitionsbedarf hier. Ähnlich sieht es bei den fortlaufenden Zusatzaufwänden aus, bei denen 357 der 736 Millionen Euro auf die IT-Abteilungen entfallen.

Auch der Bereich Facility Management – in dem die Häuser unter anderem in Gebäudesicherheit und Notstromversorgung investieren müssen – sei jedoch stark betroffen. Für alle deutschen Krankenhäuser wurden Zusatzinvestitionen von rund 278 Millionen Euro ermittelt, was einem Drittel des zusätzlichen IT-Investitionsaufwandes entspreche.

Für ein einzelnes Krankenhaus errechneten die Studienautoren einen zusätzlichen Investitionsbedarf von durchschnittlich rund 818.000 Euro, davon 459.000 Euro in der Abteilung IT und 152.600 Euro in der Abteilung Facility Management.

Weitere signifikante Zusatzaufwände entfallen auf die Abteilung Informationssicherheitsmanagement (ISM) mit 95.300 Euro im Jahr. In den Bereichen Medizintechnik, Einkauf und Verwaltung fallen weitere 32.100, 13.300 und 39.600 Euro an.

Die fortlaufenden Zusatzaufwände belaufen sich demnach auf durchschnittlich rund 403.000 Euro je Krankenhaus und Jahr, wovon rund 196.000 Euro in die IT-Abteilung gehen. Hier entfallen 69.400 Euro im Jahr auf die Abteilung ISM und 53.000 Euro auf die Abteilung Facility Management. Die Bereiche Medizintechnik, Einkauf und Verwaltung schlagen mit jährlich 32.100, 13.300 und 39.600 Euro zu Buche.

Insgesamt bewege sich die Dimension der Zusatzaufwände bewegt allein mit Blick auf den investiven Anteil in etwa bei der Hälfte der sich rechnerisch ergebenden durchschnittlichen Fördermittel des Krankenhaus­zukunftsfonds. Diese liegen bei rund 1,6 Millionen Euro pro Haus.

„Bereits hieraus wird ersichtlich, dass die Mehrkosten für Informationssicherheit einen erheblichen Anteil an den aktuellen Ausgaben der Krankenhäuser für den Bereich der Informationstechnik darstellen“, erklären die Studienautoren. „Vor dem Hintergrund der angespannten Kostensituation im Jahr 2023 stellt die bisher fehlende Betriebskostenfinanzierung die Krankenhäuser vor erhebliche Herausforderungen.“

Dabei zeige sich, dass die Kosten zwar für jeden Posten in der Regel mit zunehmender Krankenhausgröße ansteigen. Allerdings seien zwischen den mittelgroßen Krankenhäusern mit 400 bis 599 Betten und den großen Krankenhäusern mit über 600 Betten in den verschiedenen Abteilungen kein wesentlicher Anstieg beziehungsweise zum Teil sogar geringere Zusatzkosten zu verzeichnen.

Der Grund dafür könnte laut den Autoren in der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (Kritisverordnung) liegen. Diese setze für besonders große Krankenhäuser effektiv bereits seit dem Jahr 2019 regulatorische Mindeststandards, sodass für diese Krankenhäuser der initiale Investitionsauf­wand entsprechend geringer ausfalle.

Auch falle auf, dass im Facility Management bei Krankenhäusern mit weniger als 200 Betten sogar höhere Kosten anfallen als in der Gruppe der Krankenhäuser mit weniger als 400 Betten. „Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Gebäudeautomation in kleineren Krankenhäusern bisher deutlich seltener umgesetzt wurde und dies nun im Rahmen des Aufbaus von Informationssicherheitsmaßnahmen nachgeholt wird“, schlussfolgern die Autoren.

Ein ähnliches Bild zeige sich bei den fortlaufenden Kosten: Sie steigen in den kostenschweren Abteilungen IT und ISM mit zunehmender Krankenhausgröße und erreichen bei einer Größe von 400 bis 599 Betten ihr Maxi­mum. Dabei scheinen insbesondere Häuser mit weniger als 600 Betten überproportional von Zusatzauf­wänden betroffen zu sein, nicht nur bei den initialen Investitionen, sondern auch bei den fortlaufenden jährlichen Kosten.

Eines der Hauptprobleme bei der Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben ist über alle Größen hinweg der Fachkräftemangel. Der durch sie entstehende personelle Zusatzaufwand in der Abteilung IT sei initial mit durchschnittlich 1,20 Vollzeitäquivalenten pro Krankenhaus angegeben worden.

Im fortlaufenden Betrieb werde durch die gesteigerten Anforderungen von einem noch darüber hinaus gehenden Bedarf an Vollzeitäquivalenten ausgegangen. Hier werde der personelle Zusatzaufwand mit 1,54 Vollzeitäquivalenten angegeben.

Im Durchschnitt seien aber derzeit von den zusätzlich benötigten Stellen nur 0,75 Vollzeitäquivalente besetzt. Zwar steige mit zunehmender Größe des Krankenhauses tendenziell der Zusatzaufwand in der Personal­planung. Das gelte allerdings nicht für die großen Krankenhäuser. In ihnen sei im Vergleich zu den mittel­großen Krankenhäusern mit 400 bis 599 Betten ein leicht geringerer personeller Zusatzaufwand zu verzeichnen.

Ähnlich sehe es in den ISM-Abteilungen aus. Hier liege der zusätzliche Personalaufwand initial bei 1,04 Vollzeitäquivalenten und im fortlaufenden Betrieb bei 0,94. „Aus den Antworten der Erhebungsteilnehmenden lässt sich entnehmen, dass Krankenhäuser offensichtlich vor großen Herausforderungen stehen, diese Stellen zu besetzen“, heißt es in der Auswertung. Im Schnitt seien nur 0,53 Vollzeitäquivalente mit den zusätzlich anfallenden ISM-Aufgaben betraut.

lau

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