Politik

Krankenhaus­gesellschaft erwartet Pleitewelle im kommenden Jahr

  • Dienstag, 27. Dezember 2022

Berlin – Kliniken in Deutschland dürften nach Einschätzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) im kommenden Jahr von einer Pleitewelle erfasst werden. „Die schon vor einigen Monaten prognostizierte Insolvenzwelle rollt jetzt an“, sagte der Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß. Die Politik habe den Zeitpunkt, an dem sich die Welle aufhalten lässt, schon fast verpasst.

Gaß beruft sich auf das Krankenhaus-Barometer des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), wonach 59 Prozent der Kliniken für 2022 mit Roten Zahlen rechnen. Im Vorjahr waren es 43 Prozent. Der Anteil der Krankenhäuser mit einem positiven Jahresergebnis werde sich mehr als halbieren: von 44 auf vermutlich 20 Prozent. Etwa jedes fünfte Krankenhaus gehe für 2022 von einem ausgeglichenen Ergebnis aus. Deren Anteil lag im Vorjahr bei 13 Prozent.

Mit 56 Prozent erwartet mehr als die Hälfte der Krankenhäuser für 2023 eine weitere Verschlechterung. Lediglich 17 Prozent rechneten mit einer Verbesserung. 27 Prozent der Kliniken gingen davon aus, dass die Lage eher unverändert bleibe. „Der Schaden für die Versorgung wird 2023 in vielen Regionen sichtbar werden“, warnt Gaß.

Nach den Worten von Gaß sind die von der Bundesregierung im Rahmen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds angekündigten Finanzhilfen zum Ausgleich von Energiepreissteigerungen zwar hilfreich, könnten jedoch ein strukturelles Defizit wegen allgemeiner Kostensteigerungen nicht ausgleichen. Im nächsten Jahr werde sich das strukturelle Defizit auf rund 15 Milliarden Euro summieren, da die Kosten doppelt so schnell ansteigen würden wie die staatlich festgelegten Preise.

„Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach weiß sehr genau, dass diese Kostensteigerungen in den Preisen, die die Krankenhäuser gegenüber den Krankenkassen abrechnen dürfen, nicht abgebildet sind“, kritisierte Gaß. Der wirtschaftliche Druck laste damit unverändert schwer auf den Krankenhäusern, der von angekündigte Vorrang der Medizin vor der Ökonomie bleibe ein leeres Versprechen.

Auch die Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser bleibe ein weiteres ungelöstes Problem. Die Bundesländer kämen ihrer gesetzlichen Verpflichtung, den Krankenhäusern die Investitionskosten in tatsächlicher Höhe zu finanzieren, schon seit Jahrzehnten nicht mehr nach, so die DKG.

Dem aktuellen Krankenhaus-Barometer zufolge lag die Investitionssumme der Häuser 2021 bei 6,8 Milliarden Euro. Nur 47 Prozent stammen aus öffentlichen Fördermitteln, den Rest müssen die Krankenhäuser selbst aufbringen – laut DKG ganz überwiegend, indem sie sich dafür verschulden, denn die Eigenmittel würden längst nicht mehr für Investitionen ausreichen.

So hätten zwischen 2019 und 2021 nur 15 Prozent der Krankenhäuser durchgängig ausreichend Gewinne für die erforderlichen Investitionen erzielt. „Dies führt zu einem zunehmenden Investitionsstau bei den Gebäuden und der technischen Infrastruktur der Krankenhäuser“, erklärt Gaß. „Der Wert der Sachanlagen in den Bilanzen sinkt kontinuierlich, wogegen der Schuldenstand wächst.“

Als besorgniserregend bezeichnete er auch die Personalsituation in Kliniken, vor allem in der Pflege, so die Umfrage. Zur Jahresmitte hatten demnach fast 90 Prozent Probleme, offene Pflegestellen auf Allgemeinstationen zu besetzen. In der Intensivpflege hätten drei von vier Kliniken Schwierigkeiten gehabt, Stellen zu besetzen.

Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl offener Pflegestellen auf den Allgemeinstationen den Angaben zufolge hochgerechnet von 14.400 auf 20.600; das sei ein Plus von 43 Prozent. In der Intensivpflege seien hochgerechnet 9.500 Vollkraftstellen unbesetzt geblieben. Gegenüber dem Vorjahr mit 7.900 unbesetzten Intensivpflegestellen entspricht dies laut Bericht einem Anstieg von 20 Prozent.

lau/ kna

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