Politik

Beratungen über Reform starten: Krankenhäuser wollen mehr finanzielle Mittel

  • Mittwoch, 4. Januar 2023
/JPchret, stock.adobe.com
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Berlin – Vor den ersten Beratungen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern über die Krankenhaus­reform hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) mehr Mittel als derzeit vorgesehen gefordert. Die Gesundheitsminister wollen morgen über die geplante Reform beraten.

Die von einer Expertenkommission erstellten Reformpläne basierten auf einer „falschen Grundprämisse“, sagte DKG-Vorstandsvorsitzender Gerald Gaß dem Nachrichtenportal t-online. „Die Reform soll nach Vorstell­ung der Kommission die aktuellen Mittel nur umverteilen.“ Der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauter­bach (SPD) angekündigte Vorrang der Medizin vor der Ökonomie bleibe bislang ein leeres Versprechen, sagte Gaß.

Der ökonomische Druck, der auf den Krankenhäusern laste, sei gewaltig. 60 Prozent der Krankenhäuser erwar­teten für das Jahr 2022 „zum Teil tiefrote Zahlen“. Auch 2023 würden die Kosten der Häuser „doppelt so schnell steigen“ wie die staatlich festgelegten Preise. Er warnte, dass das Kliniksterben „in diesem Jahr voraussichtlich einen neuen Höhepunkt erreichen“ werde.

Die DKG mahnte schnelles Handeln und einen Schulterschlusses der politischen Entscheider an. Der von Lauter­bach angekündigte Vorrang der Medizin vor der Ökonomie dürfe nicht erst in sieben Jahren, nach der finalen Umsetzung der Krankenhausreformen gelten, sondern müsse bereits Teil des Veränderungsprozesses sein.

„Wir brauchen positive Anreize, die die Krankenhausträger dazu veranlassen und in die Lage versetzen, schnellstmöglich ihre Versorgungsaufgaben im Sinne der politischen Vorgaben abzusprechen und anzu­passen. Auch Standortfusionen und die trägerübergreifende Zusammenarbeit müssen in diesem Umstellungs­prozess gezielt gefördert werden“, so Gaß.

Die große Krankenhausreform, auf der Basis der Vorschläge der Regierungskommission, wird aus Sicht der DKG nur gelingen, wenn es in den nächsten Jahren möglich sein werde die bauliche, medizintechnische und digitale Infrastruktur der Kliniken an die gewünschten Bedingungen anzupassen. Die Erweiterung ambulanter Versorgungsangebote am Krankenhaus, Standortzusammenschlüsse und Qualitätsentwicklungen müssten von Bund und den Ländern gemeinsam investiv gefördert werden.

Nach den Vorschlägen der Regierungskommission zur Krankenhausversorgung sollen die Kliniken statt nur über Fallpauschalen künftig nach drei neuen Kriterien honoriert werden: Vorhalteleistungen, Versorgungs­stufen und Leistungsgruppen. Unter anderem sollen für das Vorhalten von Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik feste Beträge fließen.

Anders als heute sollen Krankenhäuser zudem in drei Level eingeordnet und entsprechend gefördert werden. So soll es Kliniken zur Grundversorgung geben – zum Beispiel für grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle. Andere Häuser sollen sich um die „Regel- und Schwerpunktversorgung“ kümmern. Unikliniken sollen einer dritten Gruppe zugeordnet werden, den Kliniken für die „Maximalversorgung“.

Patientenschützer forderten vor den Beratungen mehr Rücksichtnahme auf die Regionen. „Große Kranken­häu­ser in Ballungszentren setzen sich durch. Kleine Krankenhäuser auf dem Land bleiben auf der Strecke. Viel zu oft haben Bund und Länder diesem Spiel freien Lauf gelassen“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der Rheinischen Post.

Der Fokus müsse auf den Patienten liegen, die geplanten Vorhaltekosten und Investitionen hätten diesem Ziel zu folgen. „Gerade im ländlichen Raum brauchen die Menschen passgenaue Angebote bei Schlaganfall, Herzinfarkt, Krebstherapie und Altersmedizin. Das wird ohne Zweifel Geld kosten“, so Brysch.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek fürchtet bei der Krankenhausreform um die Kompetenzen der Länder. „Es kann nicht riskiert werden, dass durch zentralistische Planung von heute auf morgen bedarfsge­rechte Versorgungsstrukturen zerstört werden“, sagte der CSU-Politiker. Notwendige Versorger in der Fläche müssten erhalten bleiben.

Bayern betont Zuständigkeit der Länder, will aber Geld vom Bund

Die Änderung des Fallpauschalensystems sei grundsätzlich richtig. Aber das Konzept der Reformkommission riskiere mit detaillierten Vorgaben massive Fehlsteuerungen und gefährde Versorgungsstrukturen vor Ort, sagte Holetschek. Für die Krankenhausplanung seien laut Grundgesetz die Länder zuständig.

Zugleich forderte der bayerische Minister allerdings vom Bund, die Kliniken bei den Betriebskosten mit jährlich 15 Milliarden Euro zu unterstützen. Eine zukunftsfähige Krankenhausversorgung werde nicht durch reine Umverteilung gelingen: „Der Krankenhausbereich muss mit zusätzlichem Geld ausgestattet werden.“

Vor den ersten Beratungen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern zur Krankenhausreform hat der Sozialverband VdK eine vollständige Abkehr von der Gewinnorientierung und den Fallpauschalen gefordert. Verbandspräsidentin Verena Bentele sagte heute dem Nachrichtenportal t-online, die bisherigen Pläne seien zwar ein „Schritt in die richtige Richtung“, allerdings müsse das Gesundheitsministerium „in seinen Plänen noch deutlich radikaler sein“.

Der VdK fordere eine vollständige Abkehr von der Gewinnorientierung und den Fallpauschalen im Vergütungs­system, sagte Bentele. Das Wohl der Patienten müsse in Zukunft im Mittelpunkt aller Handlungen in den Krankenhäusern stehen.

dpa/afp

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