Krankenhausreform: Neuer Entwurf enthält Konkretisierungen und Streichungen

Berlin – Am morgigen Mittwoch soll das Bundeskabinett den Entwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) beschließen. Das Gesetz bildet die Grundlage für die geplante Krankenhausreform. Kurz vorher ist ein aktueller Entwurf des Gesetzes bekannt geworden, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.
Bis Ende April hatten die Verbände im Gesundheitswesen und die Bundesländer Zeit, ihre offiziellen Stellungnahmen zum Gesetzentwurf einzureichen. Es gab deutliche Kritik von allen Seiten an der Ausgestaltung der Reform. Einig sind sich alle nur, dass eine Reformierung des stationären Sektors notwendig ist.
Klar ist, der Kabinettsentwurf geht kaum auf die Forderungen der Bundesländer ein. Einige Änderungen sind im Entwurf aber enthalten. Als neues Ziel wird gleich zu Beginn des Gesetzestextes neben der Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität oder der Gewährleistung der medizinischen Versorgung in der Fläche auch die Steigerung der Effizienz in der Krankenhausversorgung genannt.
Neu im Kabinettsentwurf ist eine Auflistung aller 65 geplanten Leistungsgruppen in einer Anlage inklusive der Qualitätskriterien, die die Krankenhäuser erbringen müssen. So wird für jede Leistungsgruppe genau festgehalten, welche personelle und sachliche Ausstattung erfüllt werden muss. Die Leistungsgruppen sind an das geplante Vorhaltebudget geknüpft, das 60 Prozent der Gesamtbetriebskosten vorab an die Kliniken ausbezahlen soll.
In der Anlage steht zudem, welche verwandten Leistungsgruppen ein Standort vorhalten muss, um entsprechende Leistungsgruppen erfüllen zu können. Weiter sind sonstige Struktur- und Prozesskriterien, beispielsweise die Erfüllung der Pflegepersonaluntergrenzenverordnung, festgelegt. Die Kriterien von 60 dieser Leistungsgruppen stammen aus dem Krankenhausplan 2022 aus Nordrhein-Westfalen. Fünf weitere (Notfallmedizin, Spezielle Traumatologie, Infektiologie, Spezielle Kinder- und Jugendmedizin und Spezielle Kinder- und Jugendchirurgie) wurden ergänzt.
Medizinisch-pflegerische Versorgung soll entfallen
Hinsichtlich der geplanten sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen ist ein ganzer Paragraf und Versorgungsbereich, die medizinisch-pflegerische Versorgung, gestrichen worden. Die neue Versorgungsform sollte insbesondere älteren und multimorbiden Patienten zugutekommen.
„Diese Patientengruppe benötigt in vielen Fällen keine stationäre Hochleistungsmedizin. Dennoch geht bei diesen Patientinnen und Patienten der ärztliche Behandlungsbedarf mit der Notwendigkeit einer pflegerischen Begleitung oder Überwachung einher, so dass die ärztliche Behandlung nicht ausschließlich ambulant erfolgen kann“, hieß es im alten Entwurf. Von dieser Regelung ist nichts mehr zu lesen.
Bei Versorgungsverträgen zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen mit dem Krankenhausträger müssen künftig die Qualitätskriterien der geplanten Leistungsgruppen nachgewiesen werden. Dieser Nachweis ist durch ein Gutachten des Medizinischen Dienstes (MD) zu erbringen. Bis dies vorliegt, kann es auch durch eine begründete Selbsteinschätzung des Krankenhauses erbracht werden, wenn der MD mit der Prüfung bereits beauftragt worden ist.
Ein Versorgungsvertrag kann analog zur Aufnahme in die Krankenhauspläne der Länder auch abgeschlossen werden, wenn Leistungsgruppenkriterien nicht erfüllt werden, aber die Standorte für die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung wichtig sind. Dieser Vertrag darf maximal für drei Jahre abgeschlossen werden. Wenn zudem nach zwei Jahren keine erneute Prüfung des MD erfolgt, kann der Versorgungsvertrag von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Jahr ganz oder teilweise gekündigt werden. Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen können nur gemeinsam kündigen.
Ministerium erhält weitere Rechte der Ersatzvornahme
Dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) werden mit dem Entwurf weitere Möglichkeiten zur Regelung per Rechtsverordnungen eingeräumt. Bislang war vorgesehen, dass das BMG mit Zustimmung des Bundesrates Regelungen zur Zulässigkeit der Einhaltung der Qualitätskriterien von Leistungsgruppen in Kooperationen und Verbünden erlassen darf. Nun soll das BMG auch Regelungen, die Verträge mit Leistungserbringern der vertragsärztlichen Versorgung oder Krankenhäusern betreffen, treffen können.
Ein neu zu errichtender Ausschuss, der für die Weiterentwicklung der Leistungsgruppen und deren Kriterien Empfehlungen erarbeiten soll, soll künftig auch mit Vertretern der Hochschulmedizin besetzt werden. Bereits vorgesehen waren der GKV-Spitzenverband, Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), Bundesärztekammer (BÄK) und Berufsorganisationen der Pflege.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) soll außerdem eine Richtlinie mit Einzelheiten zur Prüfung des Medizinischen Dienstes zu der Einhaltung der Kriterien der Leistungsgruppen erstellen. Die Festlegungen des G-BA sollen eine möglichst aufwandsarme Durchführung der Prüfungen sowie eine Vereinheitlichung der MD-Prüfungen unterstützen. Der Entwurf hält zudem weiter an Stichprobenprüfungen durch den MD fest, obwohl Krankenkassen das bemängelt hatten. Sie hatten ein Festhalten der gezielten Prüfungen auffälliger Krankenausrechnungen gefordert.
Mindestvorhaltezahlen bleiben
Die umstrittenen Mindestvorhaltezahlen, die an die Auszahlung der Vorhaltevergütung geknüpft werden, sollen bleiben. Konkretisiert wird in dem aktuellen Entwurf, dass dafür die Fallzahlen des vorangegangenen Jahres genutzt werden sollen. Fallzahlen einer Klinik von 2025 sollen also die Mindestvorhaltezahlen für 2027 definieren.
Wenn die Länder allerdings eine Leistungsverlagerung von mehreren Klinikstandorten auf einen Standort vornehmen, wird die Berechnung anders vorgenommen. Hierfür werden die Fallzahlen des vorangegangenen Jahres in der betreffenden Leistungsgruppe aller von der Leistungsverlagerung erfassten Standorte summiert. Diese Summe definiert die Mindestvorhaltezahl für die übriggebliebene Klinik.
Das BMG soll die maßgeblichen Vorhaltezahlen für die Leistungsgruppen ebenfalls per Rechtsverordnung festlegen können. Diese sollen auf Empfehlung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hin erarbeitet werden.
Zum Transformationsfonds ergeben sich keine Änderungen im Vergleich zum bisherigen Entwurf. Allerdings soll das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS), über das die Anträge laufen werden, eine begleitende Auswertung des durch die Förderung des Transformationsfonds bewirkten Strukturwandels vornehmen.
Ein weiterer neuer Passus soll zudem verhindern, dass ein Zusammenschluss von Krankenhäusern mithilfe Förderungen des Transformationsfonds, wettbewerbsrechtlich angreifbar sein könnte. Entsprechende Regelungen sollen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) getroffen werden.
Neu beim Vorhaltebudget ist, dass Krankenhäuser künftig im ersten oder zweiten Quartal eines Kalenderjahres einen Zuschlag in Höhe von zehn Prozent erhalten können, wenn das einem Krankenhaus für ein Viertel des laufenden Jahres zustehenden Gesamtvorhaltebudget voraussichtlich um mindestens zehn Prozent unterschritten wird.
Verstetigt werden soll die kürzere Frist zur Begleichung der Krankenhausrechnungen durch die Krankenkassen. Diese war aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation der Krankenhäuser in den vergangenen Jahren von 30 auf fünf Tage per Rechtsverordnung verkürzt worden. Bislang galt diese Maßnahme zeitlich befristet. Der Entwurf sieht nun eine Verstetigung dieser kürzeren Frist von fünf Tagen vor.
Die Evaluation des Gesetzes soll zudem bereits ein Jahr früher erfolgen. Der GKV-Spitzenverband, der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) und die DKG sollen dem neuen Entwurf zufolge erstmalig zum 31. Dezember 2028 einen gemeinsamen Bericht über die Auswirkungen der Reform vorlegen. Weitere Evaluationen sind für Ende 2033 und 2038 geplant.
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