Ärzteschaft

Einige Kriterien der Krankenhausreform nicht erfüllbar

  • Montag, 6. Mai 2024
/picture alliance, Frank Molter
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Mainz – Für manche Leistungsgruppen können die vorgesehenen Kriterien der geplanten Krankenhausreform vorerst nicht eingehalten werden. Das erklärte Susanne Johna, erste Vorsitzende des Marburger Bundes (MB) heute auf einer Pressekonferenz im Nachgang der Hauptversammlung der Ärztegewerkschaft.

Für die geplante Leistungsgruppe Notfallmedizin werden dem Referentenentwurf des Krankenhausversorgungsverbes­serungsgesetzes (KHVVG) zufolge mindestens drei Fachärztinnen und Fachärzte mit der Zusatzweiterbildung Klinische Akut- und Notfallmedizin benötigt. Allerdings gebe es aktuell nur 142 Ärztinnen und Ärzte mit dieser Zusatzweiter­bildung in Hessen, die an 62 Kliniken tätig seien, erklärte Johna.

Lediglich an 18 Krankenhäusern gebe es dort derzeit die erforderliche Mindestanzahl von drei Fachärzten mit dieser Zusatzweiterbildung. Insgesamt gebe es 87 Notaufnahmen in Hessen, das bedeute, die große Mehrheit der Kranken­häuser könnten diese Leistungsgruppe zum aktuellen Zeitpunkt gar nicht anbieten, so Johna.

„Diese Zusatzweiterbildung gibt es noch gar nicht so lange. Sie muss über 24 Monate erworben werden“, erläuterte sie weiter. Johna forderte deshalb eine ausreichend lange Übergangszeit bis die Leistungsgruppen gelten sollen, in der die Ärzte erst ausgebildet werden können. Die Bundesländer sollen dem Reformzeitplan zufolge bis Ende 2026 Zeit erhalten, die Leistungsgruppen den Krankenhäusern zuzuordnen.

„Das zeigt, was passiert, wenn der Gesetzgeber nicht die einbezieht, die sich mit diesen Themen auskennen, nämlich die ärztliche Selbstverwaltung“, kritisierte sie. Der Gesetzgeber könne nicht wollen, dass die Notaufnahmen in Hessen von 87 auf 18 schrumpften. Auch für die Leistungsgruppe Infektiologie könnten die Kriterien noch nicht erfüllt werden, so Johna.

Die Krankenhausreform sieht die Einführung von 65 Leistungsgruppen vor. Bundeseinheitliche Kriterien sollen festlegen, für welche Leistungen die Krankenhäuser entsprechende personelle und technische Ausstattung vorhalten müssen. Die Qualität der Patientenversorgung soll dadurch verbessert werden.

Zudem ist eine Vorhaltefinanzierung geplant. Diese soll an die Erbringung durch die Leistungsgruppen geknüpft werden. Mit den Vorhaltepauschalen sollen die Kliniken 60 Prozent der Betriebskosten erhalten, noch bevor sie Leistungen erbringen. Die restliche Finanzierung soll nach wie vor über diagnosebezogene Fallpauschalen (DRG) laufen.

Große Unsicherheit bei jungen Ärztinnen und Ärzten

„Die Unsicherheit derjenigen ist groß, die gerade ihr Medizinstudium beendet haben und sich sehr gut überlegen, wo sie ihre Weiterbildung anfangen“, erläuterte Johna weiter. So gebe es aktuell einen starken Zulauf der Weiterzubildenden an große Kliniken, weil sie unsicher seien, ob sie bei regionalen Versorgern ihre Weiterbildung aufgrund der geplanten Umstrukturierungen der Krankenhausreform beenden könnten.

Der zweite Vorsitzende des MB, Andreas Botzlar, ergänzte, dass dies die kontraproduktive Wirkung des Reformvorhabens zeige. Die Reform strebe die verstärkte Versorgung in Zentren an, dies konterkariere aber Bemühungen, Ärztinnen und Ärzte auch in der Peripherie anzusiedeln.

Johna sprach sich heute auch für eine bessere Patientensteuerung noch vor der Versorgung in den Notaufnahmen aus. Eine Verknüpfung der beiden Notrufnummern 116117 sowie 112 sei dringend nötig. Zudem brauche es telefonische Ersteinschätzungsverfahren und integrierte Notfallzentren (INZ).

Diese sollen aus einer Notaufnahme des Krankenhauses, einer KV-Notfallpraxis sowie einem „Tresen“ als zentrale Entscheidungsstelle bestehen. Entsprechende Vorschläge liegen bereits auf dem Tisch. Ein erstes Eckpunktepapier zur neben der Krankenhausreform geplanten Reform der Notfallversorgung und Rettungsdienste gibt es seit Januar eben­falls. Die Notfallreform soll sich direkt nach der Krankenhausreform anschließen.

Allerdings sei die geplante Berechnung der Anzahl von INZ pro 400.000 Einwohnern, wie es Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorschlage, nicht hilfreich, heißt es in einem Papier des Marburger Bundes zur Bewertung der geplanten Notfallreform.

Das würde bedeuten, dass Städte wie Bochum, Bonn, Chemnitz, Erfurt, Freiburg oder Münster kein INZ zur Versorgung der Notfallzentren hätten, heißt es dort. Stattdessen sei für die Versorgung entscheidend, nach welchen Kriterien und Verfahren die INZ-Standorte festgelegt werden und welche Rolle die Notfallstufen des Gemeinsamen Bundesausschus­ses (G-BA) spielen sollen.

cmk

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