Krankenkassen überarbeiten Katalog für Hilfsmittel

Berlin – Die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln soll sich für Patienten verbessern. Der GKV-Spitzenverband hat dazu nun das neue Hilfsmittel- und Pflegemittelverzeichnis erarbeitet und Anfang der Woche einen entsprechenden Bericht vorgelegt. Damit wird ein gesetzlicher Auftrag aus dem Heil- und Hilfsmittelgesetz (HHVG) aus dem Jahr 2015 umgesetzt. Mit dem Gesetz sollte erreicht werden, dass keine mangelhaften Produkte beispielsweise bei Inkontinenzhilfen sowie Rollatoren für Patienten auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen zur Verfügung gestellt werden. Dieses Verzeichnis mit 32.500 Produkten – von Inkontinenzhilfen über Rollatoren, Hörgeräte, Gehilfen, Schuheinlagen oder Blindenhunde – hat der Verband der Krankenkassen nun überarbeitet. Dabei seien etwa 1.000 Produkte aus der Datenbank gelöscht worden. In einem Rhythmus von fünf Jahren soll das Verzeichnis nun fortgeschrieben werden.
Starker Ausgabenanstieg
Im Jahr 2017 nach Inkrafttreten des Gesetzes stiegen die Ausgaben der Krankenkassen für Hilfsmittel deutlich an, rund 8,07 Milliarden Euro wurden ausgegeben. Das sind etwa 3,7 Prozent der Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung. „Das ist ein natürliches Ergebnis bei einer älter werdenden Bevölkerung, der wir ein Angebot machen wollen, wenn sich Innovationen in der Industrie verbessern“, erklärte Gernot Kiefer, im Vorstand des GKV-Spitzenverbandes zuständig für die Umsetzung des HHVG.
Auch sei diese Summe „nicht zum jammern“, es sei gut, dass nun die „historische Veralterung“ des Hilfsmittelverzeichnisses aufgearbeitet wurde. Teilweise seien noch Produkte gelistet worden, die gar nicht mehr hergestellt werden. Nun entspreche der Stand der Liste den „versorgungsrelevanten medizinisch und technischen Erkenntnissen und Entwicklungen“, heißt es beim GKV-Spitzenverband. Und: „Die Arbeit am Hilfsmittelverzeichnis bleibt ein permanentes Aufgabenfeld und bedarf kontinuierlicher Arbeit“, so Kiefer.
Krankenkassen müssen Patienten über zuzahlungsfreie Hilfsmittel informieren
Bei der Erarbeitung des Verzeichnisses wurde die Rahmensetzung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) berücksichtigt, sowie die Expertise der Krankenkassen, des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen, der Patientenverbände sowie mit medizinischen Fachgesellschaften oder Verbänden der Industrie zusammen gearbeitet, hieß es bei einer Pressekonferenz. „Das überarbeitete Hilfs- und Pflegemittelverzeichnis bietet allen Versicherten eine höhere Produktqualität und gestärkte Versichertenrechte“, erklärt Kiefer. Neben der Qualität der Industrieprodukte will der Gesetzgeber auch bei den Dienstleistungen rund um ein Produkt – also Beratungsgespräche, Erklärung zur Funktionalität – Verbesserungen erreichen. Entsprechende Dienstleistungsanforderungen wurden ebenso von den Krankenkassen überarbeitet. Laut dem Gesetz müssen Krankenkassen Patienten zunächst über Hilfsmittel informieren, die von der Zuzahlung befreit sind. Es muss auch dokumentiert werden, dass es diese Information gab.
In dem heute vorgesellten Bericht fehlt allerdings noch der Überblick über die Zu- und Aufzahlungen, die Versicherte bei vielen Produkten zu leisten haben. Viele Produktgruppen haben weiterhin Aufzahlungen, die der Patient tragen muss, und diese nicht nur für Luxusausstattungen. Zu hohe Zuzahlungen beispielsweise bei Rollatoren hält Kiefer für „nicht zukunftsgerichtet“. Allerdings räumt er ein, dass es noch keine Zahlen gebe, wie hoch die Zuzahlungen für Produkte seien. „Der Markt ist zu sehr differenziert. Außerdem muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Patient eigene Ausstattungswünsche hatte, die er oder sie natürlich weiterhin haben darf“, so Kiefer. Er rechnet in den kommenden Monaten mit ersten Zahlen der Krankenkassen dazu.
Diesen Bericht fordert die SPD-Patientenbeauftragte Martina Stamm-Fibich nun ein, denn dieser sei seit mehr als einem halben Jahr überfällig. „Mich erreichen immer wieder Meldungen, dass die Versorgung mit Hilfsmitteln schwierig ist. Insbesondere bereiten Aufzahlungen bei Hilfsmitteln nach wie vor vielen Versicherten Probleme“, so die SPD-Bundestagsabgeordnete in einer Mitteilung. Mit den Daten aus dem Bericht will Stamm-Fibich als Gesetzgeber die Möglichkeit schaffen, „bei Aufzahlungen gegebenenfalls gegensteuern zu können.“
Kasse sieht Ende der Ausschreibungspflciht kritisch
Der aktuell geplanten gesetzgeberischen Veränderung zu den Heil- und Hilfsmitteln im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) – dem Ende der Ausschreibungspflicht von Krankenkassen bei einzelnen Produkten – sieht Kiefer mit Skepsis entgegen: „Dieses Instrument der Ausschreibung hat zu Entwicklungen geführt, die wir auch nicht wollten. Allerdings sollte man generell ein ökonomisches Instrument nicht kippen, das auch sinnvoll wirken kann“, so Kiefer. Nach seiner Aussage könnten die Ausgaben für Hilfsmittel künftig deutlich steigen, wenn es die Ausschreibungen der Krankenkassen nicht mehr gibt.
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