Labore hoffen auf Entlastung durch geänderte Testkriterien

Berlin – Besonderes Augenmerk liegt jetzt auf den Symptomen und deren Schwere: Mit den geänderten Empfehlungen für den Einsatz von Coronatests hoffen die bundesweit am Limit arbeitenden medizinischen Labore auf Entlastung.
Man sei überzeugt, dass die aufgebauten Kapazitäten mit dem nun gewählten Fokus auf medizinisch begründete Tests ausreichen, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Verbands der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM), Jan Kramer.
Voraussetzung sei, dass die neuen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) an Ärzte eingehalten werden. „Was wir nicht schaffen können in den medizinischen Laboren, ist, wenn jegliche Erkältungssymptomatik abgeklärt wird“, sagte der Internist und Laborarzt.
Kramer schilderte, dass Tests gemäß RKI-Empfehlung etwa angezeigt seien bei schweren Symptomen der Atemwege – bei akuter Bronchitis, Lungenentzündung, Atemnot und Fieber –, bei Störungen von Geruchs- und Geschmackssinn, bei Symptomen nach direktem Kontakt mit einem bestätigten COVID-19-Fall oder bei akuter Verschlechterung des Krankheitsbildes.
Mit einem Test abgeklärt werden sollten demnach auch akute Atemwegsprobleme bei Risikogruppen und bei Menschen, die in medizinischen Einrichtungen und in der Pflege arbeiten. Auch die Wahrscheinlichkeit, dem Virus ausgesetzt gewesen zu sein, spielt laut RKI eine Rolle.
Im Sommer waren auch Reiserückkehrer auf SARS-CoV-2 getestet worden – viele Laborexperten werteten dies als anlasslos. RKI-Vizechef Lars Schaade sagte kürzlich, dass Menschen, die nun trotz Symptomen nicht getestet werden könnten, weitere Ansteckungen verhindern sollten: „Sie sollten sich bitte fünf Tage isolieren und ihre Isolation danach erst beenden, wenn sie weitere 48 Stunden ohne Symptome waren.“
Im Fall einer Verschlechterung der Krankheitsanzeichen solle man sich testen lassen. Wie bisher sollen Menschen ohne Symptome laut Nationaler Teststrategie getestet werden, wenn sie zum Beispiel engen Kontakt zu einem bestätigten Fall hatten.
Der Verband ALM hatte in dieser Woche auf Basis von Daten aus 162 Laboren berichtet, die Testkapazität sei bundesweit erstmalig zu 100 Prozent ausgereizt. Bei Fortsetzung einer solchen Überflutung mit Proben oder einem möglichen Geräte- oder Personalausfall drohe ein Zusammenbruch der Versorgung.
Kramer sagte, eine Zielgröße für eine tragbare Auslastung wäre bei 65 bis 85 Prozent: „Wenn man darüber kommt, dann laufen die Lager für Reagenzien und Verbrauchsmaterialien, die wir für diese Teste benötigen, leer.“ Die wegen der Pandemie international gefragten Materialien würden rationiert an Labore abgegeben.
Wie Kramer schilderte, bemühen sich die medizinischen Labore um Laufzeiten von 24 bis 48 Stunden bei medizinischen Proben. Gerade bei anlasslosen Testungen könne es aber passieren, dass Menschen drei oder vier Tage auf ihr Testergebnis warten müssen.
Die bayerische Landesärztekammer hat unterdessen die von der Staatsregierung bezahlten Coronatests für Bürger ohne Symptome kritisiert. „Die bislang praktizierte Coronateststrategie führt leider, wie ich befürchtet habe, zu einer Überlastung der Labore“, sagte Kammerpräsident Gerald Quitterer dem Münchner Merkur.
Außerdem gebe es teilweise bereits Lieferengpässe bei den benötigten Reagenzien. Quitterer plädierte deswegen dafür, sich bei den Tests auf Patienten mit Symptomen, Risikogruppen, medizinisches Personal und Patienten vor einem Krankenhausaufenthalt oder der Aufnahme ins Pflegeheim zu konzentrieren.
Das bayerische Gesundheitsministerium erklärte auf Anfrage der Zeitung, „dass die „Testung für jedermann“ in der Laborauslastung eine eher nachrangige Rolle spielt“. Das Testprogramm für jedermann und jederfrau war im Sommer angelaufen, in den ersten drei Monaten hatten sich bis Ende Oktober über 700.000 Bürger auf den COVID-19-Erreger untersuchen lassen.
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