Ärzteschaft

Labore erneut am Anschlag: Nur bei medizinischer Notwendigkeit testen

  • Dienstag, 27. Oktober 2020
/picture alliance, Daniel Bockwoldt
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Berlin – Die zweite Pandemiewelle bringt die Labore in Deutschland erneut an ihre Grenzen: Bundesweit liegt die Auslastung bei 89 Prozent, in einigen Bundesländern ist die maximale Kapazität an durchführbaren SARS-CoV-2-PCR-Tests bereits überschritten.

„Die Diagnostik muss entsprechend der Nationalen Teststrategie auf das medizinisch Notwendige reduziert werden“, forderte Michael Müller, 1. Vorsitzender des Verbandes der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) heute bei einer Online-Pressekonferenz. Sowohl das Personal in den Laboren als auch die erforderlichen Testmaterialien seien „keine unendlich steigerungsfähigen Ressourcen“, warnte er.

Antigentests auf SARS-CoV-2 könnten künftig eine Entlastung bringen, die allerdings derzeit noch nicht spürbar sei, so ALM-Vorstand Jan Kramer. Zu unterscheiden seien hier Point-of-Care (POC)-Antigentests und Antigentests, die im Labor durchgeführt würden. Letztere stünden aktuell noch nicht zur Verfügung.

Eine Liste von Antigentests, die laut Corona-Testverordnung von Ärzten angewendet wer­den können, findet sich auf der Website des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizin­produkte (BfArM). Anders als Antikörper-Tests, die teils schon für den Heimge­brauch ver­trieben werden, müssen Antigentests immer in einer Sicherheitswerkbank und damit einer medizinischen Einrichtung erfolgen.

Noch keine Entlastung durch Antigentests

„Im Moment fahren die Hersteller die Kapazitäten für die POC-Antigentests allerdings gerade erst hoch, es stehen noch nicht genug zur Verfügung, um eine Abnahme der PCR-Tests herbeizuführen“, so Kramer.

In der vergangenen Woche fanden in den 111 ALM-Mitgliedslaboren und 51 weiteren La­boren (90 Prozent des gesamten Testgeschehens in Deutschland) bundesweit mehr als 1,2 Millionen Tests auf SARS-CoV-2 statt – zwölf Prozent mehr als in der Vorwoche. Mit mehr als 70.000 positiven SARS-CoV-2-PCR-Tests stieg auch die Positivrate, von 3,7 Pro­zent in der Vorwoche auf 5,7 Prozent in Kalenderwoche 43.

Aktuell reichten die wöchentlichen PCR-Testkapazitäten von circa 1,4 Millionen Tests noch für den medizinischen Bedarf aus, so Müller. Allerdings sei die Diagnostik in einer Pandemie „ein Marathonlauf, und den könne man nur mit Durchschnittsgeschwindigkei­ten durchhalten“.

Der ALM-Vorsitzende warnte zudem, dass jetzt im Winter zusätzlich noch die Influenza­diagnostik dazu kommen werde. Und anders als im Frühjahr seien bislang noch keine Ka­pazitäten durch ein Wegfallen der Regeldiagnostik freigeworden, ergänzte Evangelos Kot­sopoulos, ebenfalls vom Vorstand des ALM.

Tests wurden für Reiserückkehrer „verballert“

Hinzu kommen immer wieder Engpässe bei für die PCR-Tests notwendigen Materialien. Hier kritisierte Kotsopoulos einen allzu leichtfertigen Umgang mit Testressourcen: „Wir haben im Sommer 100.000 Tests für Reiserückkehrer verballert, deshalb fehlt uns jetzt das Material.“

„Mal sind es Abstrichtupfer, mal Reagenzien, dann wieder Verbrauchsmaterialien, jetzt gerade Pipettenspitzen, die fehlen. Das macht die Arbeit in den Laboren unnötig schwer. Hier muss dringend Abhilfe durch verlässliche Lieferungen geschaffen werden. Die SARS-CoV-2-Testungen sind unbedingt noch enger und bundesweit an der Nationalen Test­stra­tegie und deren Priorisierung auszurichten“, forderte ALM-Vorstand Evangelos Kotsopou­los.

Eine regelmäßige Testung von Berufspendlern, wie sie etwa für deutsche Arbeitnehmer, die in Österreich arbeiten, vorgeschlagen wurde, lehnt er deshalb strikt ab. „Wir sind Teil eines globalen Systems und merken jeden Tag, dass wir nicht alles, was wir dringend be­nötigen, auch immer sofort geliefert bekommen.“

Umso wichtiger sei es, dass gerade diejenigen Menschen, die die Tests vordringlich brau­chen, diese auch rasch und niedrigschwellig erhalten, betonte ALM-Vorstandsvorsitzender Michael Müller.

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