Laborstudie: Alle Coronaimpfstoffe verbessern Schutzwirkung nach dem Booster

Seattle – Die neuen Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 verdanken ihre hohe Infektiosität vor allem der stärkeren Bindung am ACE2-Rezeptor, während die Fusion mit der Zelle eher schwächer ausfällt als bei dem Wuhan-Wildtyp. Dies geht aus umfangreichen Laborstudien in Science (2022; DOI: 10.1126/science.abq0203) hervor. Sie erklären auch, warum geboosterte Personen weiter vor schweren Verläufen geschützt sind.
Der 1. Schritt einer Infektion mit SARS-CoV-2 besteht in der Bindung des Spikeproteins an den ACE2-Rezeptor der Zelle. BA.4 und BA.5 können dies von allen Varianten am besten. Das internationale Forscherteam um David Veesler von der University of Washington School of Medicine in Seattle ermittelt für BA.4/5 eine 6,1-fach höhere Affinität zum ACE2-Rezeptor als beim Wildtyp Wuhan-Hu-1. Die Varianten BA.1 und BA.2, die für die vorangegangenen Wellen verantwortlich waren, sind nur 4,4 und 3,7 Mal so affin wie Wuhan-Hu-1.
Der nächste Schritt der Infektion ist die Fusion mit der Zellmembran, ohne die kein Eindringen in die Zelle möglich ist. Die Fusogenität sämtlicher Omikron-Varianten ist geringer als beim Wildtyp. Delta erreichte hier die höchsten Werte. Diese Schwäche wird laut Veesler jedoch durch die erhöhte Affinität am Rezeptor mehr als ausgeglichen, was sich auch an den Erkrankungszahlen der letzten Monaten zeigt.
Die Forscher haben dann die neutralisierende Wirkung von 7 verschiedenen Impfstoffen untersucht. Dies waren die beiden mRNA Impfstoffe mRNA-1273 von Moderna und BNT162b2 von Biontech/Pfizer, 3 virale Vektorimpfstoffe (Ad26.COV2.S von Janssen, AZD1222 von AstraZeneca und Sputnik V von Gamaleya), der Protein-Untereinheit-Impfstoff NVX-CoV2373 von Novavax und der Impfstoff BBIBP-CorV von Sinopharm, der aus inaktivierten Viren besteht.
Bei allen Impfstoffen ist die neutralisierende Wirkung mit jeder neuen Omikron-Variante weiter gefallen. Bei mRNA-1273, dem stärksten Impfstoff der Serie, fielen die Titer (GMT) von 633 bei Wuhan-Hu-1 auf 33 bei BA.1, auf 44 bei BA.2, auf 30 bei BA.2.12.1 und auf 22 bei BA.4/5, wenn das Plasma von Personen mit abgeschlossener Grundimmunisierung untersucht wurde.
Bei den anderen Vakzinen war die Entwicklung ähnlich, wobei der Einmalimpfstoff Ad26.COV2.S sowie Sputnik V und BBIBP-CorV eine etwas geringere neutralisierende Wirkung erzielten.
Der 1. Booster hat das Blatt dann wieder gewendet. Die 3-malige Impfung mit einem mRNA-Impfstoff erzielte die höchsten GMT: 2.371, 406, 448, 472 und 392 gegen Wuhan-Hu-1, BA.1, BA.2, BA.2.12.1 und BA.4/5. Dies erklärt, warum derzeit unter den schwer erkrankten Patienten nur wenige Personen sind, die geboostert wurden.
Auch das Intervall zwischen den Dosierungen könnte von Bedeutung sein. So erzielten Personen, die 4 Monate nach dem Einmalimpfstoff Ad26.COV2.S eine 2. Dosis erhielten, eine stärkere Schutzwirkung als Personen, die eine normale Grundimmunisierung mit einem der anderen Impfstoffe erhielten, bei denen das Intervall zwischen den beiden Dosierungen 4 bis 5 Wochen beträgt.
Viele Menschen haben bereits den 2. Booster erhalten, andere warten vielleicht auf die neuen Impfstoffe, die auf Omikron angepasst sind. Veesler ist nicht überzeugt, dass die neuen Impfstoffe die Boosterwirkung steigern werden. Die bisherigen Ergebnisse an Mäusen und Affen hätten keine signifikant bessere Wirkung gezeigt als ein Booster mit den auf den Wildtyp von SARS-CoV-2 ausgerichteten Impfstoffen.
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