Bundestag verabschiedet härtere Strafen bei Gewalt gegen Rettungskräfte
Mainz – Der Bundestag hat gestern höhere Strafen für Angriffe auf Rettungskräfte, Feuerwehrleute und Polizisten beschlossen. Auf solche Attacken stehen demnächst bis zu fünf Jahren Haft. Unter dem Begriff der Rettungskräfte sind nach Angaben des Bundesjustizministeriums Sanitäter und Notärzte privater und öffentlicher Rettungsdienste zusammengefasst. Auch Gaffer oder Menschen, die Notfallgassen blockieren, sollen härter bestraft werden.
Nicht berücksichtigt wurde im Gesetzgebungsverfahren die Forderung unter anderem der Bundesärztekammer (BÄK) nach einem höheren Schutz für alle Ärzte und Angehörige von Gesundheitsberufen. Dass die Regelung Ärzte nicht umfasst, die im organisierten ärztlichen Notfall- und Bereitschaftsdienst Hilfe bei Unglücksfällen, bei gemeiner Gefahr oder Not leisteten, hatte BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery bereits im Februar bemängelt. Nicht erfasst sind auch Ärzte in Kliniken oder Praxen.
Retter machen auf ihre Situation aufmerksam
Unterdessen haben Notfallhelfer mit der Landung eines Rettungshubschraubers mitten in Mainz auf steigende Aggressionen ihnen gegenüber aufmerksam gemacht. Zukünftig wollen Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten in Rheinhessen gemeinsam erfassen, wie oft sie beleidigt und angegriffen werden. Solch eine Datensammlung sei in Deutschland einmalig, sagte der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes Bad Kreuznach – Rheinhessen, Guido Scherer, heute. Mit dabei sind neben dem DRK, der Polizei und der Feuerwehr auch der Arbeiter Samariter Bund (ASB), die Johanniter Unfallhilfe, der Malteser Hilfsdienst und der Rettungsdienst Corneli.
„Die bisherigen Zahlen sind viel zu niedrig, weil viele Attacken nicht festgehalten werden“, betonte Scherer. Sanitäter, Notärzte und Feuerwehrleute hätten oft erst dann etwas aufgeschrieben, wenn sie körperlich verletzt wurden oder psychische Schäden davontrugen. In der nun freigeschalteten einheitlichen Software könnten die Fälle in zwei Minuten erfasst werden. „Das geht auch am Ende der Schicht nachts um vier Uhr noch.“
„Der Respekt ist verloren gegangen. Weil wir uniformiert sind, werden wir in die Ecke der Staatsgewalt und Behörden gerückt“, sagte der stellvertretende Leiter Rettungsdienst in Rheinhessen, Mathias Hirsch. Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, haben sich Hilfsorganisationen zu der Kampagne „Helfer sind tabu! – Keine Gewalt gegen Einsatzkräfte!“ zusammengeschlossen.
DRK-Mitarbeiter werden Hirsch zufolge angepöbelt, bespuckt, in den Bauch geboxt und sogar mit Waffen bedroht. Die Aggression gehe manchmal von den Patienten selbst aus, manchmal von Dritten. „Zum Beispiel setzen sich manche in den Rettungswagen und wollen wegfahren, oder sie stellen sich hinten aufs Trittbrett und schaukeln den Wagen auf.“ In etwa einem Prozent der Einsätze habe das DRK mit Straftaten gegen das Personal zu tun, also 800 bis 1.000 Mal pro Jahr allein in Rheinhessen.
Thomas Holzmann, stellvertretender Wachenleiter der Rettungswache Mainz des Malteser Hilfsdienstes, sprach von einer zunehmenden Respektlosigkeit und Aggression. „Wir sind eigentlich dafür da, den Menschen zu helfen, aber werden als Störenfriede empfunden“, sagte er. Die Menschen würden oft patzig und fragten: „Müsst ihr jetzt hier durchfahren? Müsst ihr in der Nacht mit Horn fahren?“ Viele Menschen seien nur noch auf ihr eigenes Wohl bedacht. Dazu passe, dass immer seltener eine Rettungsgasse gebildet werde – oder sich Autofahrer sogar mit in die Gasse drängelten.
Eine Aufrüstung etwa mit Schutzwesten lehnt das DRK ab. Stattdessen werden Gewaltpräventions- und Deeskalationstrainer ausgebildet, welche Helfer schulen. Hirsch fordert auch die Umstehenden bei Einsätzen zur Zivilcourage auf. „Sie sollen helfen, wenn unsere Leute angepöbelt werden. Sie können ein Telefon in die Hand nehmen und der Polizei durchgeben, dass wir in Schwierigkeiten sind.“
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