Landesärztekammern sollen elektronisches Logbuch für die Weiterbildung einführen

Münster – Der 122. Deutsche Ärztetag hat heute den Landesärztekammern empfohlen, zur Dokumentation des Kompetenzerwerbs der Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung ein elektronisches Logbuch (eLogbuch) einzuführen und im jeweiligen Landesrecht vorzusehen. Die Landesärztekammern sollen die Möglichkeit erhalten, darin auch Abweichungen von der (Muster-)Weiterbildungsordnung abzubilden.
Die Bundesärztekammer (BÄK) hatte, wie im vergangenen Jahr vom 121. Deutschen Ärztetag in Erfurt beschlossen, das Softwareunternehmen Steadforce beauftragt, ein betriebsfähiges Produkt zu entwickeln, das zurzeit in ausgewählten Ärztekammern getestet wird. Am 1. Juli soll das System betriebsbereit sein. Für Entwicklung und Betrieb hat die Bundesärztekammer in ihrem Haushalt für 2019/2020 Ausgaben von rund 490.000 Euro vorgesehen. Für technische oder inhaltliche Anpassungen fallen für die Landesärztekammern weitere Kosten an, wie aus einem entsprechenden Beschluss des Deutschen Ärztetages hervorgeht.
Lernendes System
Der Ärztetag definierte zugleich im Sinne eines lernenden Systems weitere Anforderungen an das eLogbuch. Neben einer unkomplizierten Dokumentation der Weiterbildung sollten Weiterbildungskompetenzen zeitnah bestätigt werden können. Außerdem müsse das eLogbuch mittelfristig eine Evaluation der Weiterbildung ermöglichen.
Für die Weiterbilder sei es wichtig, dass der Weiterbildungsstand der Assistenten übersichtlich dargestellt werde. Es solle zudem die Grundlage für den Aufbau eines Weiterbildungsregisters ermöglichen, das Weiterzubildende, Weiterbilder und Weiterbildungsstätten erfasse.
Die Delegierten forderten darüber hinaus, dass mithilfe einer einheitlichen Datenbank geprüft wird, ob die angestrebten beziehungsweise dokumentierten Weiterbildungsabschnitte mit den erteilten Weiterbildungsbefugnissen übereinstimmen.

Das elektronische Logbuch sei das Herzstück der Weiterbildungsreform, hatte zuvor der Vorsitzende der BÄK-Weiterbildungsgremien, Max Kaplan, erklärt. Es bilde den Kompetenzerwerb der Weiterzubildenden kontinuierlich und auch für die Ärztekammern nachvollziehbar ab. Dadurch werde Weiterbildung transparent. Viele Probleme, die sich in der Testphase bei der Anwendung ergeben hätten, seien bereits behoben worden. Allerdings gebe es große und sehr unterschiedliche Erwartungen an das Logbuch. „Wir suchen einen Mittelweg“, bekräftigte Kaplan. Jetzt liege eine Basisversion vor, die weiterentwickelt werden könne: „Das Projekt ist Work in Progress.“
Bundesweit einheitliche Lösung
Ulf Kester von der Firma Steadforce erläuterte die wesentlichen Funktionen und die Bedienung des Tools. Das primäre Ziel der Webanwendung sei die kontinuierliche Dokumentation der Weiterbildung, die für die Anwender überall möglichst unaufwendig sowie einfach und schnell in der Handhabung sein soll. „Weiterzubildende Ärzte sollen nicht erst kurz vor der Prüfungszulassung die erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten aufzeichnen“, so Kester.
Genauso wenig sollen die Weiterbildungsbefugten alles auf einmal bestätigen. Durch das eLogbuch werde zunächst die kompetenzbasierte Musterweiterbildungsordnung abgebildet. Absehbar sei, dass die einzelnen Weiterbildungsordnungen der Kammern hiervon abweichen werden.
„Gerade deshalb soll es eine bundesweit einheitliche Softwarelösung geben“, betonte er. Nur mit dem zentralen Wissen über die Abweichungen könne garantiert werden, dass ein individuelles Logbuch beliebig über Kammergrenzen hinweg verwendet werden könne. Eine dezentrale Lösung sei dazu schwerlich geeignet.
Datenschutz und Datensicherheit gewährleistet
Die Daten, die dem eLogbuch anvertraut werden, gehörten den Weiterzubildenden. „Sie sollen jederzeit die volle Kontrolle über ihre Daten haben. Sie entscheiden, wer wann und wie lange Einsicht in die Daten haben darf“, sagte Kester. Als Profildaten werden lediglich Anrede, Titel, Name, E-Mail-Adresse und Mitgliedschaft in der Ärztekammer gespeichert.
Die Anzahl der Nutzer unter den Weiterzubildenden werde in wenigen Jahren im sechsstelligen Bereich liegen. Die Mitarbeiter in den Weiterbildungsabteilungen der Kammern werden ihm zufolge auf zweierlei Weise Zugang zu dem System erhalten – einerseits über eine Benutzerschnittstelle, die der der Weiterbildungsbefugten entspricht, andererseits können sie über eine technische Schnittstelle freigegebene Logbuchdaten in den kammereigenen Systemen einlesen.

Das eLogbuch zeichne sich durch eine einheitliche Bedienphilosophie aus, die mit wenigen Grundkonzepten auskomme, erläuterte der Experte. Es gibt für eine Weiterbildungsbezeichnung die zu erlernenden Inhalte vor. Der Weiterzubildende kennzeichnet die Inhalte, bei denen er Fortschritte erzielt hat, in der Form von Bewertungsanfragen.
Der Weiterbildungsbefugte kann diese Inhalte durch eine zweistufige Bewertung bestätigen – sowohl für Kenntnisse (kognitive und Methodenkompetenzen) als auch für die Fertigkeiten (Handlungskompetenzen). Sind Richtzahlen vorhanden, kann er diese ebenfalls bestätigen oder auch korrigieren.
Alle Einträge im eLogbuch werden mit einem Zeitstempel versehen, Rückdatierungen sind ausgeschlossen. Einträge können nur wieder entfernt werden, so lange sie noch nicht für andere sichtbar gewesen sind. Vorgenommene Korrekturen werden ebenfalls dokumentiert. „Der Verlauf einer Weiterbildung wird lückenlos nachvollziehbar. Manipulation ist ausgeschlossen“, betonte Kester.
Wenn der Arzt in Weiterbildung sein Logbuch zur Bewertung abgibt, kann er im Unterschied zur Papierversion trotzdem weiterarbeiten, denn der Weiterbildungsbefugte hat für die Bewertung eine Kopie erhalten, und erst, wenn er nach der Bewertung das Logbuch wieder zurückgibt, werden die beide Bereiche wieder zusammengeführt, erläuterte er. Selbst wenn der Weiterbildungsbefugte mehr Zeit für seine Bewertung benötige, halte das den Weiterzubildenden nicht davon ab, sein elektronisches Logbuch weiterzuführen.
Mitmachen heißt Mitgestalten
„Der Anfang für das eLogbuch ist gemacht“, sagte Kester. Er rief die Ärzte dazu auf, das Logbuch ab Juli auszuprobieren und die Erfahrungen für die weitere Entwicklung mitzuteilen. „Machen Sie mit, denn Mitmachen heißt Mitgestalten.“

In der Aussprache meldeten sich auch kritische Stimmen zu Wort, die etwa die enge Anlehnung an die Papierversion des Weiterbildungsbuchs als „Akte zwischen digitalen Deckeln“ bemängelten. Klaus Thierse, Delegierter der Ärztekammer Berlin, monierte, das System sei nicht ausgereift, viele Dinge funktionierten noch nicht.
Unklar sei beispielsweise, wie ohne qualifizierte elektronische Signatur eingescannte Unterlagen verifiziert oder das Weiterbildungsgespräch von Weiterbildungsbefugten und Weiterzubildenden unterzeichnet werden könne.

Klaus-Peter Schaps, Niedersachsen, bemängelte, das eLogbuch als Herzstück der Weiterbildung befinde sich auf Neandertaler-Niveau. Es müsse zum Beispiel ein intelligenter Algorithmus hinterlegt sein, der dauerhaft eine Plausibilitätsprüfung durchführe, etwa im Hinblick auf Weiterbildungsberechtigungen oder auf Inhalte. „Digitalisierung geht anders. Wir brauchen ein voll digitales eLogbuch mit bundeseinheitlicher Funktionalität. Und wenn das Geld kostet, sollten wir das jetzt in die Hand nehmen und finanzieren.“

Das Logbuch sei ein erster Schritt in die richtige Richtung, noch kein vollkommen fertiges Produkt, befanden hingegen Henrik Herrmann aus dem BÄK-Vorstand sowie eine Reihe weiterer Delegierter. „Es ist positiv, dass hiermit endlich eine Transparenz der Weiterbildung erreicht wird und dass wir in eine Testphase hineingekommen sind. Wenn man es nicht ausprobiert, kann man es nicht weiterentwickeln“, betonte Herrmann.
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