Politik

Lauterbach will Pflegeeinrichtungen für Herbstwelle wappnen

  • Donnerstag, 6. Oktober 2022
Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, äußert sich bei einer Pressekonferenz im Bundesgesundheitsministerium zu Coronaschutzmaßnahmen in Pflegeeinrichtungen. /picture alliance, Bernd von Jutrczenka
Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, äußert sich bei einer Pressekonferenz im Bundesgesundheitsministerium zu Coronaschutzmaßnahmen in Pflegeeinrichtungen. /picture alliance, Bernd von Jutrczenka

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Pflegeeinrichtungen mit einem flächen­deckenden Impfangebot, umfassenden Hygiene- und Testkonzepten sowie einem einfachen Zugang von in­fizierten Pflegebedürftigen zur Arzneimittelversorgung für die erwartete Infektionswelle im Herbst und Winter wappnen. Das geht aus einer gemeinsamen Erklärung mit zahlreichen Verbänden hervor, die er heute in Berlin vorgestellt hat.

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), die Pflegeverbände, der GKV-Spitzenverband, die Pflegekassen sowie die kommunalen Spitzenverbände und die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe haben sich auf eine gemeinsame Erklärung zur Bewältigung der Coronapandemie im kommenden Herbst und Winter geeinigt.

Gemeinsames Ziel sei es, Pflegebedürftige und Pflegekräfte gleichermaßen vor Infektion und Überlastung zu schützen. „Ich möchte erreichen, dass Corona nicht das herbstbeherrschende Thema wird“, erklärte Lauterbach heute bei der Vorstellung der Erklärung.

Deutschland sei im Moment am Beginn einer Herbst- und Winterwelle, die diesmal jedoch nicht so verhee­rend ausfallen solle wie in den zurückliegenden Jahren. „Wir haben uns vorgenommen, in diesem Jahr wesent­lich besser vorbereitet zu sein als in der Vergangenheit“, zeigte sich Lauterbach zuversichtlich: „Wenn wir das umgesetzt bekommen, können wir die Sterbezahlen in den Einrichtungen dramatisch absenken.“

Dabei müssten besonders der Schutz der Pflegebedürftigen sowie der Beschäftigten vor Infektionen mit SARS-CoV-2, aber auch die Aufrechterhaltung der pflegerischen Versorgung im Mittelpunkt aller Überlegun­gen stehen.

Mittel der Wahl sind dabei neben ausführlichen Test- und Hygienekonzepten insbesondere ein erneutes, flächendeckendes Impfangebot mit den jüngst zugelassenen angepassten Impfstoffen und ein möglichst einfacher Zugang von infizierten Pflegebedürftigen zur geeigneten Arzneimittelversorgung, vor allem der Gabe von antiviralen Therapeutika wie Paxlovid.

Die Maskenpflicht soll erhalten bleiben. Pflegeheimbewohner sollen grundsätzlich FFP2-Masken tragen müssen, insbesondere in Gemeinschaftsräumen, wo sich nach Lauterbachs Aussage in der Vergangenheit das Gros der Infektionen ereignet hat.

Eine besondere Rolle sollen die Beauftragten spielen: Mit den Änderungen des Infektionsschutzgesetzes, die Mitte September in Kraft getreten sind, wurde für voll- und teilstationäre Pflegeeinrichtungen vorgeschrieben, dass die Einrichtungsleitungen für die Zeit vom 1. Oktober 2022 bis zum 7. April 2023 eine oder mehrere Be­auftragte benennen müssen, die sich bei der Pandemiebekämpfung um die Koordinierung der Impfungen, der Testungen, der Hygieneanforderungen und der antiviralen Medikation kümmern.

Je nach Einrichtungsgröße erhalten die beauftragten Personen zudem gestaffelte Sonderleistungen: 500 Euro monatlich bei Pflegeeinrichtungen mit bis zu 40 Plätzen, 750 Euro bei 41 bis 80 Plätzen und 1.000 Euro bei mehr als 80 Plätzen. Zusätzlich erhalten die Pflegeeinrichtungen einen monatlichen Förderbetrag von 250 Euro, um die Aufgaben Infektionsschutzgesetz umzusetzen.

Damit das schnell und korrekt getan wird sowie zur Entlastung von Einrichtungen und Beschäftigten plant Lauterbach außerdem Entbürokratisierungsmaßnahmen. Beispielsweise sollen die Meldepflichten zum ge­setz­lichen Impfquotenmonitoring entbürokratisiert werden, indem bei unveränderter Situation im Vergleich zum Vormonat dem RKI nur noch eine vereinfachte Meldung übermittelt werden muss. Fort- und Weiterbil­dungen sollen künftig nach Möglichkeit auch digital durchgeführt werden können.

Lauterbach mahnte erneut, die Bedeutung der Impfung gegen COVID-19 nicht zu unterschätzen. Aktuelle Studien des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) würden eine Reduktion der Sterblichkeit von der dritten zur vierten Impfung um 90 Prozent aufzeigen – ein weitaus stärkerer Effekt als gemeinhin ange­nommen werde, betonte er.

Entsprechend bitten die Beteiligten Verbände in ihrer gemeinsamen Erklärung die Einrichtungen, „wie bisher darauf zu achten, dass bei den Bewohnerinnen und Bewohnern wie auch bei den Beschäftigten eine hohe Impfquote erreicht wird“. Sie hielten es für unerlässlich, dass die Bundesländer ihr Engagement koordinierter zugehender Impfangebote in den Einrichtungen aufrechterhalten und gegebenenfalls ausbauen, um eine zügige und erfolgreiche Umsetzung sicherzustellen.

„Die Beteiligten sehen des Weiteren auch die Kassenärztlichen Vereinigungen in der Pflicht, weiterhin bei den Ärztinnen und Ärzten als den hierfür verantwortlichen Stellen darauf hinzuwirken, eng mit den Einrichtungen zusammenzuarbeiten und aktiv dazu beizutragen, dass die notwendigen Impfungen rechtzeitig durchgeführt werden können“, heißt es in der Erklärung. Dabei könnten die Einrichtungen unter Berücksichtigung ihrer Personalressourcen auch Pflegefachkräfte im Wege der ärztlichen Delegation in die Durchführung der Schutzimpfungen einbinden.

Darüber hinaus führe auch ein frühzeitiger Einsatz von Paxlovid zu einer Verringerung der Sterblichkeit um 80 bis 90 Prozent, betonte Lauterbach. Da dessen nach ärztlicher Verordnung entsprechend zeitnah erfolgen muss, sei ein schneller und einfacher Zugang erforderlich.

Vollstationäre Pflegeeinrichtungen dürfen deshalb künftig bewohnerzahlabhängig zugelassene, orale antivi­rale COVID-19-Arzneimittel, derzeit nur Paxlovid, auch ohne Verschreibung direkt von der die Einrichtung in der Regel versorgenden Apotheke beziehen und bevorraten. Wird ein pflegebedürftiger Bewohner positiv getestet und zeigt Symptome, soll die Einrichtung den Hausarzt oder den heimversorgenden Arzt benach­richtigen.

Ebenfalls von hoher Bedeutung sei es, einrichtungs- und unternehmensspezifische Konzepte zum Testen wei­terhin umzusetzen. „Die Beteiligten halten es weiterhin für erforderlich, dass Beschäftigte sowie Besuchsper­sonen und auch die vulnerablen Personen von den Testkonzepten umfasst sind“, heißt es in der Erklärung.

Beschäftigte müssen sich demnach mindestens dreimal pro Kalenderwoche testen lassen, sofern Landesre­ge­lungen nichts anderes vorsehen. Ambulant Pflegende, die ihre Tätigkeit unmittelbar von ihrer Wohnung aus antreten, können sich auch durch Antigen-Tests zur Eigenanwendung ohne Überwachung testen. Mitarbei­tende in voll- und teilstationären Einrichtungen wiederum können sich weiterhin vor Dienstantritt in der Einrichtung selbst testen, um Personalressourcen zu schonen.

Das novellierte IfSG sieht weiterhin vor, dass Pflegeeinrichtungen ab dem 1. Oktober von Besuchenden nur getestet und mit FFP2-Maske betreten werden dürfen. „Um die Einrichtungen wirksam zu entlasten, wirken die Beteiligten darauf hin, dass Besuchende bereits einen negativen Testnachweis mitbringen“, heißt es in der Erklärung.

lau

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