Politik

Lauterbach will Zahlung für Pflegevorsorgefonds aussetzen

  • Donnerstag, 3. November 2022
/andyller, stockadobecom
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Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erwägt, die defizitäre Pflegever­sicherung durch eine Aussetzung des Pflegevorsorgefonds zu stabilisieren. In diesem Fonds wird ein Anteil von 0,1 Prozent­punkten der Pflegeversicherungsbeiträge pro Jahr angelegt.

Aktuell sind dies etwa 1,6 Milliarden Euro pro Jahr. Über einen Zeitraum von 20 Jahren soll so Geld angespart werden, um den demografischen Wandel abzufedern und künftig zu erwartende Beitragssteigerungen abzu­mildern.

Nach Informationen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) aus Koalitionskreisen ist in der Ampelkoa­lition im Gespräch, einmalig auf die jährliche Einzahlung in Höhe von rund 1,6 Milliarden Euro zu verzichten und das Geld zum Auffüllen der bestehenden Finanzlücke in Milliardenhöhe zu verwenden.

Damit könne eine Beitragsanhebung zum Jahreswechsel verhindert werden, hieß es. Die Finanzmittel reichten dann bis zu der für den Sommer 2023 geplanten umfassenden Reform der Pflegeversicherung. Die erforderli­che Gesetzesänderung soll den Überlegungen zufolge an das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz ange­hängt werden, das aktuell im Bundestag beraten wird und in dem es eigentlich um Verbesserungen in der Krankenpflege geht.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnte vor einem solchen Schritt. Der Fonds sei der bisher „erste und einzige Ansatz“, um die Pflegeversicherung zukunftsfähig und generationsgerecht zu machen, sagte Vorstand Eugen Brysch. Lauterbach wolle das alles über Bord werfen. „Damit bekommen die Kritiker recht. Es ist immer schlecht, wenn der Hund den Wurstsalat bewachen soll.“

Der Vorsorgefonds war 2015 in der Zeit der großen Koalition eingerichtet worden. Jährlich werden 0,1 Pro­zent­punkte der Beitragseinnahmen angelegt, um ab 2034 den Beitrag zu stabilisieren. In dieser Zeit werden voraussichtlich viele Babyboomer pflegebedürftig. Derzeit liegen in dem Fonds, der von der Bundesbank verwaltet wird, rund zehn Milliarden Euro.

Kritiker hatten von Anfang an gewarnt, dass der Fonds in Zeiten knapper Finanzen Begehr­lichkeiten wecken könnte und die politisch Verantwortlichen auf das Ersparte zugreifen könnten. Kürzlich hatte die Vorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann, angeregt, die Befüllung des Fonds auszusetzen, um die derzeitige Finanzsituation in der Pflege zu entspannen.

Im vergangenen Jahr forderte Außenministerin Annalena Baerbock – damals Kanzlerkandidatin der Grünen – sogar, den Fonds komplett aufzulösen, um Pflegerinnen und Pfleger höher zu entlohnen.

kna

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