Vermischtes

Leistungskonzentration bei Geburtskliniken mit wenig Auswirkung auf Fahrzeiten möglich

  • Donnerstag, 4. Dezember 2025
/mariiya, stock.adobe.com
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Köln – In nur wenigen Gebieten Deutschlands sind Geburtskliniken nicht innerhalb der von Fachleuten empfohlenen 30 bis 40 Minuten Fahrzeit erreichbar. Zudem würde eine Leistungskonzentration auf Klinikstandorte mit mehr als 500 Geburten pro Jahr die Fahrzeiten nur in wenigen Regionen deutlich erhöhen. Dies zeigen aktuelle Datenanalysen des Science Media Center.

Den Ergebnissen der Analyse zufolge können gut 96,9 Prozent aller Einwohnerinnen im gebärfähigen Alter in weniger als 30 Minuten die nächste Geburtsklinik erreichen. Lediglich 3,1 Prozent müssen länger fahren – in dieser Gruppe wären statistisch knapp 20.000 Geburten zu erwarten. Von Fahrzeiten über 40 Minuten sind demnach nur 0,42 Prozent der Einwohnerinnen im gebärfähigen Alter betroffen. Das entspricht gut 2.600 erwarteten Geburten.

Vom SMC analysiert wurden zudem die zu erwartenden Fahrzeitverlängerungen, wenn sehr kleine Geburtskliniken mit weniger als 500 Geburten pro Jahr aus der Versorgung fallen würden. Der Hintergrund: Laut Fachleuten könnten längere Anfahrtswege durchaus vertretbar sein, sofern sie dazu führen, dass Geburten vermehrt in Kliniken mit mehr Fallzahlen stattfinden.

Zur 500er-Grenze hielt beispielsweise die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung fest, dass man diese als eine Grenze ansehe, bei deren Unterschreitung die Versorgungsqualität und die Wirtschaftlichkeit gefährdet seien. Kleine Geburtskliniken hätten weniger Erfahrungen mit Geburten, insbesondere mit Komplikationen, und oft besonders große Schwierigkeiten, ausreichend Personal für eine 24/7-Bereitschaft zu finden.

Trotz dieser Faktoren gab es in Deutschland laut SMC-Analyse zuletzt 96 Kliniken, die jährlich weniger als 500 Geburten betreuen. Sollten diese Kliniken aus der Versorgung herausgenommen und die Geburten in anderen Standorten betreut werden, hätte das den Daten zufolge nur in wenigen Regionen eine deutliche Erhöhung der Fahrzeiten als Folge. Eine Voraussetzung: Die Geburten der wegfallenden Kliniken müssten auf andere Kliniken umverteilt und deren Strukturen und Kapazitäten entsprechend angepasst werden.

In einer solchen – hypothetischen – Versorgungslandschaft wären knapp 1,6 Prozent der Einwohnerinnen im gebärfähigen Alter von Fahrzeiten über den maximal empfohlenen 40 Minuten betroffen. Dies entspräche rund 10.200 erwarteten Geburten. Allerdings wären die Auswirkungen regional sehr unterschiedlich. So käme es in den östlichen Bundesländern teils zu deutlicheren Fahrzeitenänderungen, etwa an der Grenze Dresden/Brandenburg oder im Norden Sachsen-Anhalts, während sich beispielsweise in Nordrhein-Westfalen nur sehr vereinzelt Änderungen ergeben würden.

Vom SMC wurde auf Basis der Qualitätsberichte der Krankenhäuser zusätzlich auch analysiert, inwieweit Geburten in Deutschland in einer angemessenen Versorgungsstufe erfolgen. Zum Hintergrund: Geburtskliniken sind in vier Versorgungslevel eingeteilt – diese geben an, wie gut eine Klinik etwa für Früh- oder Risikogeburten ausgestattet ist. Risikoarme Geburten können in allen Leveln erfolgen.

Zur Analyse wurde ein vom Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) entwickelter Indikator genutzt, der rückwirkend erfasst, wie viele Geburten nicht in der angemessenen Versorgungsstufe erfolgten.

Demnach waren im Jahr 2023 in Level-IV-Kliniken – hier sollen nur Frauen ab der 36. Schwangerschaftswoche ohne zu erwartende Komplikationen entbinden – 8,8 Prozent aller Geburten laut der Leveleinteilung nach Gesundheitsrisiken eigentlich in einer höheren Stufe zu verorten. In Level-III-Kliniken waren es 2,7 und in Level-II-Kliniken 0,1 Prozent.

Zu beachten ist dabei, dass diese Methodik keine konkreten Aussagen zu einzelnen Kindern erlaubt. So können sich unter 100 „falschen“ Geburten einer beispielhaften Level-IV-Klinik Kinder finden, die nur eine Versorgungsstufe höher gemusst hätten, als auch Kinder, die in noch höheren Versorgungsstufen hätten zur Welt kommen müssen – in diesen Fällen wurden Kinder, unter Umständen risikobehaftet, stark unterversorgt geboren.

aha

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