Politik

Lieferengpass bei Narkosemittel: Vor allem ambulante OPs betroffen

  • Mittwoch, 26. April 2017
/Tobilander, stock.adobe.com
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Berlin – Seit Monaten gibt es Lieferengpässe bei Präparaten mit dem Wirkstoff Remifen­tanil. Er wird vor allem bei ambulanten Operationen und Kindern eingesetzt. Dem Bun­desinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind die Probleme bekannt. Mor­gen sind weitere Gespräche angeberaumt. Zuerst hatte die Frank­furter Allgemeine Zei­tung über die Engpässe berichtet. In manchen OP-Zent­ren könne nur noch zwei Wochen lang operiert werden, dann seien die letzten Vorräte auf­gebraucht, hieß es. Der Grund für die Misere sei unbekannt. Über Verunreinigungen bei Grundstoffherstellern werde ebenso spekuliert wie darüber, dass die Produkte aus wirt­schaftlichen Gründen in ande­re Märkte geliefert würden.

Vom BfArM hieß es, die Nachschubprobleme seien seit Ende 2016 bekannt. Im März habe es eine erste Gesprächsrunde mit allen Akteuren gegeben, am Donnerstag stehe eine weitere Abstimmungsrunde an. „Ziel ist es, möglichst schnell die Versorgung aller Patienten sicherzustellen“, sagte BfArM-Sprecher Maik Pommer.

BfArM: weitere Verzögerungen; GSK: voll lieferfähig

Der Wirkstoff Remifentanil wird als Originalpräparat unter dem Produktnamen Ultiva ver­trieben. Das Narkosemittel hat laut BfArM einen Marktanteil von 80 Prozent. Zwar seien auch rund ein Dutzend Generika auf dem Markt, diese könnten den Lieferengpass aber nicht auffangen. Laut Pommer wird der Wirkstoff zwar inzwischen wieder produziert, neue Ware werde ausgeliefert, „es kommt aber weiter zu Verzögerungen“. Dem Spiegel zufolge soll ein Engpass bis 2018 möglich sein.

Der größte Lieferant, GlaxoSmithKline (GSK) mit deutschem Sitz in München, war zu­nächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Die FAZ zitiert einen GSK-Sprecher mit den Worten, 2016 seien Chargen wegen Qualitätsmängeln zurückbehalten oder ver­nichtet worden. Die Probleme seien aber behoben. Man sei wieder voll lieferfähig.

Remifentanil habe entscheidende Vorteile gegenüber anderen Narkosemitteln, sagte der Präsident des Berufsverbands Deutscher Anästhesisten, Götz Geldner. „Sie sind gut steuerbar beim An- und Abfluten“. Der Patient könne schnell in tiefe Narko­se versetzt werden und wache schnell wieder auf. Das sei vor allem bei ambulan­ten Ope­rationen wichtig, nach denen die Patienten wieder nach Hause gehen müssten, aber auch bei Kin­dern. In Kliniken gebe es mehr Alternativen. Krankenhäuser würden wohl auch be­vor­zugt beliefert, weil sie in Einkaufsverbünden größere Mengen abnähmen.

Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) fordert, „dass in Deutschland eine Basisversorgung mit essenziellen Medikamenten sichergestellt ist“. Laut Geldner fällt Remifentanil für ambulante OP-Zentren eindeutig in diese Kategorie. Von Kollegen in der Schweiz wisse er, dass es dort keine Probleme gebe – dort würden höhere Preise gezahlt. „Wir wundern uns.“

Allem Ärger zum Trotz, sagte Geldner, Patienten müssten sich keine Sorgen machen. We­der müssten Operationen abgesagt werden, noch würden Patienten Schaden neh­men. Durch die Umstellung auf andere Narkosemittel müsse man aber Abläufe ändern, etwa die Nachbeobachtung nach dem Aufwachen verlängern. „Das ist, wie wenn Sie ge­wohnt sind, einen Brief mit dem Computer zu schreiben. Wenn der kaputt ist, müssen Sie eben wieder die Schreibmaschine nehmen.“

dpa

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