Lieferprobleme bei vielen Medikamenten in Nordrhein-Westfalen

Berlin/Düsseldorf – In Nordrhein-Westfalen (NRW) ist inzwischen fast jedes zweite ärztliche Rezept von Lieferproblemen bei Medikamenten betroffen. Eine aktuelle Umfrage zeigt zudem, dass die Angst vor Arzneimittelengpässen mittlerweile große Teile der Bevölkerung in Deutschland umtreibt.
„Von den 100 Millionen Rezepten, die jährlich in den Apotheken von Nordrhein-Westfalen eingereicht werden, ist mittlerweile fast jedes zweite von einem Engpass betroffen“, sagte Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein, heute der Rheinischen Post. Mal gebe es die Medikamente gar nicht, mal nicht in der gewünschten Dosierung oder Form.
Auch die nordrhein-westfälischen Hausärzte warnten. „Die Engpässe betreffen verschiedene Blutdruckmedikamente, Schmerzmittel, Psychopharmaka und auch Antibiotika. Bestimmte Säfte sind nicht zu bekommen, das trifft besonders Kleinkinder, die keine Tabletten schlucken können“, sagte Oliver Funken, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Nordrhein. Er forderte unter anderem, Medikamente wieder im europäischen Schengenraum zu produzieren.
Generell fürchten viele Menschen in Deutschland einer Umfrage zufolge Knappheiten bei Arzneimitteln. 38 Prozent schätzen die Gefahr von Lieferengpässen als „sehr hoch“ oder „eher hoch“ ein, so das Ergebnis einer aktuellen Befragung des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH).
Auf der anderen Seite steht ein Drittel der Teilnehmer, die die Gefahr für „niedrig“ oder „sehr niedrig“ hält, so die repräsentative Umfrage, an der im Herbst 2.000 Menschen teilnahmen.
Dabei schätzten besonders Menschen zwischen 50 und 69 Jahren die Gefahr von Lieferengpässen als groß ein (insgesamt 41 Prozent) sowie Menschen über 70 Jahre (43 Prozent). Schwierigkeiten oder Knappheiten beim Kauf von Arzneien erlebt haben jedoch vor allem die 30- bis 49-Jährigen (37 Prozent) und weniger Menschen über 70 (22 Prozent).
Insgesamt haben laut der Erhebung 30 Prozent der Befragten binnen zwölf Monaten Schwierigkeiten oder Knappheiten beim Kauf von Arzneien erlebt. Insbesondere jüngere Bevölkerungsgruppen sowie Haushalte mit Kindern, Pflegebedürftigen oder chronisch Kranken haben demnach öfter Probleme beim Kauf von Arzneimitteln wahrgenommen.
Die Bundesregierung will im Kampf gegen knappe Arzneien an mehreren Stellen ansetzen. So sollen nach Plänen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) neue Regeln für Vorräte als Puffer kommen. Zum Auffangen kurzfristiger Störungen in der Lieferkette oder kurzzeitiger größerer Mehrbedarfe werde „eine Pflicht zur mehrmonatigen Lagerhaltung“ eingeführt, heißt es in einem Referentenentwurf für ein geplantes Gesetz.
Der Entwurf folgt auf Eckpunkte, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bereits Ende vergangenen Jahres vorgelegt hatte. Sie sehen auch neue Preisregeln vor, die Lieferungen nach Deutschland für Arzneihersteller wirtschaftlich attraktiver machen sollen.
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