London führt Zusatzgebühr für Autos mit schlechten Abgaswerten ein

London – Fahrer von Autos mit besonders schlechten Abgaswerten müssen in London seit gestern eine Strafabgabe bezahlen. Von der Maßnahme erhofft sich Bürgermeister Sadiq Khan eine Verbesserung der stark belasteten Luft in London. Die Abgabe von zehn Pfund (etwa 11,20 Euro) muss zusätzlich zu der bereits fälligen Staugebühr von 11,50 Pfund pro Tag entrichtet werden.
Theoretisch sind von der Zusatzgebühr alle Benzin- oder Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro vier oder darunter betroffen. Faktisch könnte es nach Angaben der verantwortlichen Verkehrsbehörde Transport for London (TFL) jedes Fahrzeuge treffen, das vor 2008 registriert wurde. Nach Schätzungen der TFL wird die neue Regelung künftig 6.500 Fahrzeuge pro Tag treffen. Das entspricht 6,3 Prozent der Autos, die die 21 Quadratkilometer große Stauzone täglich befahren.
Tausende frühzeitige Todesfälle
Khan hatte die Maßnahme im Februar angekündigt, nachdem die EU Großbritannien sowie vier weitere Mitgliedsstaaten zum stärkeren Kampf gegen die Luftverschmutzung gemahnt hatten. Der Bürgermeister sprach in einer Mitteilung von „tausenden frühzeitigen Todesfällen durch Luftverschmutzung“ in London. Offiziellen Angaben zufolge leben fast acht Millionen Londoner in Gebieten mit starker Luftverschmutzung, in denen die Feinstaubbelastung die empfohlenen Grenzwerte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) deutlich übersteigt.
Laut Khan erzielte die auch als „T-Charge“ („toxicity charge“) bekannte Sonderabgabe schon vor ihrem Inkrafttreten eine abschreckende Wirkung bei Londons Bevölkerung: Die Zahl der besonders umweltschädigenden Autos, die die Stauzone befuhren, sank seit der Ankündigung des Projektes allein um 15 Prozent.
Nur Wirtschaftsförderung
Die Autofahrer der britischen Hauptstadt betrachten die Extragebühr mit gemischten Gefühlen. Während einige Bürger die Umweltschutzmaßnahme grundsätzlich begrüßten, witterten andere wirtschaftliche Interessen. „Sie wollen nur, dass die Leute neue Autos kaufen. Es geht nicht um die Umwelt, es geht um Wirtschaft“, sagte ein Lieferwagenfahrer, der selbst nicht von der Abgabe betroffen ist.
London ist eine der am stärksten mit Smog belasteten Städte in Europa und die größte Metropole der Welt, die eine Stauzone eingeführt hat. Mit der Extraabgabe sollen die Londoner nun auch auf die Einführung einer Niedrigemissions-Zone im Stadtzentrum vorbereitet werden, die im April 2019 in Kraft treten soll. Stockholm, Mailand und Göteborg erheben ebenfalls Gebühren. Als Vorreiter für die Sonderabgaben gilt der Stadtstaat Singapur, der heutzutage über ein umfassendes Mautsystem verfügt und bis 2020 sogar GPS-Daten einbeziehen will.
Problematisch ist die Luftverschmutzung aber nicht nur in Europa. Wie das iranische Gesundheitsministerium gestern laut Nachrichtenagentur Tasnim mitteilte, ist diese in der iranischen Hauptstadt Teheran eine häufige Todesursache. Zwischen März 2016 und März 2017 seien 4.810 Menschen an deren Folge gestorben, sagte ein Sprecher des Ministeriums. An welchen Krankheiten die Betroffenen starben, wurde nicht gesagt.
Hauptgrund für die schlechte Luftqualität sind die Millionen Autos in Teheran. Aus Mangel an öffentlichen Verkehrsmitteln haben viele Teheraner keine Alternative zum eigenen Wagen. Hinzu kommt, dass bei Benzin sowohl die Preise – ungefähr 25 Cent pro Liter – als auch die Qualität niedrig sind. Seit vergangenem Jahr dürfen jedoch die Autos nur noch jeden zweiten Tag auf die Straße.
Einer kürzlich veröffentlichten Studie zufolge war Luftverschmutzung 2015 für den Tod von weltweit 6,5 Millionen Menschen verantwortlich. Europaweit starben 2013 70.000 Menschen an den Folgen von zu hoher Stickstoffdioxid-Belastung.
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