Long COVID: Wie SARS-CoV-2 die Lungen dauerhaft schädigen kann

Chapel Hill/North Carolina – Eine schwere Infektion mit SARS-CoV-2 kann die Lungen nachhaltig schädigen und fibrotische Veränderungen auslösen, die eine Erholung erschweren. Dies zeigen tierexperimentelle Befunde in Science Translational Medicine (2022; DOI: 10.1126/scitranslmed.abo5070). Die Veränderungen konnten bei den Tieren durch eine frühzeitige Behandlung mit dem Virustatikum Molnupiravir verhindert und durch eine spätere Behandlung mit dem Antifibrotikum Nintedanib abgeschwächt werden.
Neue antivirale Medikamente, Antikörpertherapien, Impfungen und eine verbesserte Intensivbehandlung haben die Sterberate von COVID-19 gesenkt. Ein Teil der Patienten erholt sich jedoch nur unvollständig und leidet noch Monate später unter postakuten Folgen von COVID-19 (PASC oder Long COVID). Eine mögliche Ursache von Dyspnoe, Abgeschlagenheit und anderen Symptomen sind chronische Lungenschäden, die auch bei Patienten mit früheren Corona-Erkrankungen (SARS, MERS) beobachtet wurden.
Forscher der Universität von North Carolina in Chapel Hill haben die Veränderungen an der Variante MA10 von SARS-CoV-2 untersucht, die auch Mäuse infiziert. Bei den Tieren kommt es ähnlich wie beim Menschen zu einem PASC mit Veränderungen in den Lungen. Betroffen sind wie beim Menschen vor allem ältere Tiere.
Ob es zu PASC kommt, hängt nach den Experimenten, die das Team um Ralph Baric vorstellt, vom Ausmaß der Schäden an den Alveolen ab und davon, ob eine Regeneration durch Pneumozyten vom Typ 2 erfolgt. Gelingt dies nicht rechtzeitig, kommt es zu reparativen Vorgängen, die über das Ende der Infektion hinaus anhalten. Dies kann im schlimmsten Fall zu einer Lungenfibrose führen, die nicht mehr umkehrbar ist.
Die Forscher konnten dies in den Experimenten durch 2 Maßnahmen verhindern. Die 1. bestand in einer virustatischen Behandlung. Tiere, die ab dem 1. Tag der Infektion mit Molnupiravir behandelt wurden, blieben vor fibrotischen Veränderungen verschont.
Eine Schutzwirkung wurde auch durch eine Behandlung mit dem Kinase-Inhibitor Nintedanib erreicht. Das Mittel, das ursprünglich für Krebserkrankungen entwickelt wurde, ist inzwischen auch zur Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose zugelassen. Es hemmt die Weiterleitung von Signalen am Rezeptor für den Fibroblasten-Wachstumsfaktor. Die mit MA10 infizierten Mäuse blieben vor einer Fibrose verschont, wenn sie ab dem 7. Tag der Infektion mit Nintedanib behandelt wurden.
Auf den Menschen übertragen, könnten die Ergebnisse einmal bedeuten, dass eine virustatische Behandlung in der Frühphase der Erkrankung ein PASC vermeiden kann. Zum anderen könnte eine Behandlung mit Nintedanib fibrotische Veränderungen in den Lungen abschwächen. Beides müsste jetzt in klinischen Studien überprüft werden. Ohne einen klinischen Beleg dürfte sich eine Behandlung mit Nintedanib verbieten.
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