Marburger Bund fordert Stärkung der ärztlichen Weiterbildung

Berlin – Jedes Reformkonzept muss auch die Weiterbildung als zentrale Voraussetzung für die Qualifikation der zukünftigen Ärztinnen und Ärzte abbilden. Das hat Johannes Albert Gehle, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes des Marburger Bund (MB), heute betont.
In einem neuen Positionspapier zur ärztlichen Weiterbildung appelliert die Ärztegewerkschaft an den Gesetzgeber, die ärztliche Weiterbildung im Rahmen der geplanten Krankenhausreform zu stärken.
Gehle betonte, die Krankenhäuser müssten auch wieder vermehrt zur ambulanten Leistungserbringung zugelassen werden, da flächendeckend eine spezialisierte Versorgung sonst nicht möglich sei.
Künftig werde aufgrund der strukturellen Veränderungen im Gesundheitswesen die Weiterbildung zur Fachärztin oder zum Facharzt überwiegend im Verbund zwischen ambulanten Einrichtungen und Krankenhäusern erfolgen müssen, ist Gehle überzeugt. „Sektorengrenzen dürfen keine Weiterbildungsgrenzen sein“, betonte er.
Gleichzeitig setzt sich der MB dafür ein, dass die angestellten Ärztinnen und Ärzte in der ambulanten Weiterbildung finanziell nicht schlechter gestellt sein dürfen als ihre Kollegen in der stationären Weiterbildung.
Sich weiterbildende Ärztinnen und Ärzte leisteten auch in der Weiterbildung ärztliche Arbeit und damit einen unverzichtbaren Anteil an der Versorgung der Bevölkerung, erklärte Henrik Herrmann, ebenfalls Vorstandsmitglied des MB-Bundesverbandes. „Jedem Arzt und jeder Ärztin in der stationären wie ambulanten Versorgung steht ein tarifliches Gehalt zu.“
Im Rahmen der Förderung der allgemeinmedizinischen Weiterbildung nach Paragraf 75a Sozialgesetzbuch V habe der Gesetzgeber ausdrücklich auf diese Referenzgröße einer krankenhaustypischen Vergütung Bezug genommen, erinnerte er. Daran müssten sich alle Arbeitgeber im ambulanten Versorgungsbereich messen lassen.
Anders als in Krankenhäusern, in denen es seit Jahren arztspezifische Tarifverträge gibt, müssen im ambulanten Bereich momentan jedoch die Arbeitsbedingungen mangels Tarifbindung einzelvertraglich geregelt werden.
„Das ist für die betroffenen Ärztinnen und Ärzte wie auch für die Arbeitgeber gleichermaßen von Nachteil“, findet Herrmann. Der MB mahnt daher in seinem Positionspapier ein Umdenken bei den Arbeitgebern in ambulanten Einrichtungen an.
„Weiterbildung ist aber vor allem auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, betonte Herrmann weiter. Zusätzliche Kosten der ärztlichen Weiterbildung, wie beispielsweise Simulationstrainings und Skills Labs sowie Kosten durch Hospitationen und Rotationen müssten durch eine separate, extrabudgetäre Finanzierung aus Steuermitteln ausgeglichen werden.
Dem MB-Positionspapier zufolge soll dies zum einen in Form einer Grundpauschale für Weiterbildungsstätten im Sinne einer Vorhalteleistung erfolgen. Zum anderen sollen Prozeduren oder Eingriffe, die von Weiterzubildenden durchgeführt werden, mit einem Zuschlag in den Vergütungssystemen für Krankenhäuser und für ambulante Einrichtungen versehen werden.
„Dabei lehnen wir aber eine Steuerung, verordnete Zuordnung oder Quotierung von Weiterbildungen von Seiten Dritter strikt ab“, sagte Herrmann. Analog zu Regelungen in der Schweiz schätzt er, dass eine jährliche Geldsumme von ein bis zwei Milliarden Euro dafür benötigt wird.
Zur Verbesserung der Strukturierung der Weiterbildung sollte es künftig zudem einen unabhängigen Weiterbildungsbeauftragten geben, schlägt der MB vor. Dieser könne sich analog zu Gleichstellungsbeauftragten oder Transplantationsbeauftragten fächerübergreifend um Weiterbildungsverläufe kümmern, erläuterte Gehle.
„Er ist durch die jeweilige Landesärztekammer auf Vorschlag zu ernennen und zu qualifizieren und könnte dort auch angesiedelt sein“, erklärte er weiter. Krankenhäuser, Arztpraxen und Medizinische Versorgungszentren müssten ihre Weiterbildungskonzepte besser aufeinander abstimmen und vermehrt intersektorale Verbundweiterbildungen möglich machen. „Das erfordert neue Wege in der Zusammenarbeit von ambulanten und stationären Einrichtungen.“ Diese könnten durch Weiterbildungsbeauftragte gefördert werden.
Verbesserungen bei der ärztlichen Weiterbildung fordere auch die neue Generation von Ärztinnen und Ärzten vehement ein, berichtete Gehle. So gehe aus dem MB-Barometer Ärztliche Weiterbildung 2021 hervor, dass auf unterbesetzten Stationen kaum Zeit für adäquate Weiterbildung bleibe.
84 Prozent der mehr als 3.000 Befragten hätten den Personalmangel an erster Stelle der Rahmenbedingungen genannt, die einer guten Weiterbildung im Wege stehen. An zweiter Stelle hätten starre Einsatz- und Rotationspläne und an dritter Stelle unzureichende Kinderbetreuung gestanden.
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