Ärzteschaft

Weiterbildung und Wissenschaft bei Krankenhausreform berücksichtigen

  • Donnerstag, 29. Februar 2024
/Rido, stock.adobe.com
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Berlin – Eine ganzheitliche Patientenbetreuung, die Förderung der Forschung und eine verbesserte ärztliche Weiterbildung sind für die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) entscheidend, wenn man die ho­he Qualität der Gesundheitsversorgung in Deutschland auch weiter gewährleisten und den Herausforderun­gen der Zukunft erfolgreich begegnen will.

Die Krankenhausreform sei eine Chance, die deshalb genutzt werden müsse, um Freiräume für Weiterbildung und Wissenschaft zu schaffen, forderte die Fachgesellschaft heute auf ihrer Jahrespressekonferenz in Berlin. Das Krankenhaustransparenzgesetz ist der DGIM zufolge ein guter Anfang, genauso wie Zentrenbildung und Spezialisierung.

Studien zeigten, die Qualität der Diagnostik und Therapie komplexer und hochkomplexer Erkrankungen sei in spezialisierten, gut ausgestatteten Häusern mit erfahrenem Personal am höchsten, betonte der DGIM-Vorsit­zende Andreas Neubauer. „Die dort notwendige Vorhaltung muss entsprechend auch vergütet werden – und sie muss geplant und gut strukturiert sein“, sagte er.

Zudem müsse in der Krankenhauslandschaft auch auf die regionale Situation geachtet werden. „Kleinere Kran­kenhäuser müssen weniger aufwendige, häufige Maßnahmen weiterhin für die Patientinnen und Patien­ten wohnortnah durchführen und die Möglichkeit bekommen, sich an der ambulanten Versorgung auf dem Lande zu beteiligen“, forderte Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM.

Regionale Gesundheitskonferenzen könnten einen Rahmen bieten, damit Politik, Kostenträger, ambulante und stationäre Versorger sowie Bürgerinnen und Bürger gemeinsam entscheiden könnten, wie die bedarfsgerechte Versorgung in ihrer Region aussehen solle.

Zudem betonte Ertl die Bedeutung von Forschung und evidenzbasierter Medizin sowie die Notwendigkeit einer „klugen Entscheidung“ bei Diagnose und Therapie. Eine systematische Umsetzung von wissenschaftli­chen Erkenntnissen käme nicht nur den individuellen Patienten zugute, sondern stärke auch das Gesundheits­system insgesamt. Die geplante Krankenhausreform habe richtigerweise zum Ziel, eine ökonomisch getrie­bene Überversorgung durch ökonomische Steuerung zu vermeiden.

„Weniger kann mehr sein, weniger Diagnostik und Therapie kann bessere Medizin sein“, sagte er. Instrumente zur Messung der Indikationsqualität für Diagnostik und Therapie auf Basis wissenschaftlicher Leitlinien müss­ten deshalb für das Gesundheitssystem entwickelt und etabliert werden im Sinne von „Klug entscheiden“. Und: „Wir müssen intellektuelle Leistungen, die Zeit für medizinische Erwägungen und Kommunikation in der Krankenversorgung entsprechend würdigen und auch finanzieren“, forderte der DGIM-Generalsekretär.

Besonderes Augenmerk richtet die Fachgesellschaft auf den ärztlichen Nachwuchs. Die Kenntnis wissen­schaft­licher Methoden und lebenslanges Lernen seien für jede Ärztin und jeden Arzt entscheidend, um auf dem aktuellen Wissensstand zu bleiben. „Die fachärztliche Weiterbildung ist eine wichtige Phase, die auch bei der Krankenhausreform als Leistung Berücksichtigung finden muss“, erklärte Ertl.

Momentan führten jedoch ökonomischer Druck und Arbeitsverdichtung in den Kliniken dazu, dass junge Ärztinnen und Ärzte weniger Kapazitäten hätten, um sich zusätzlich zu den Aufgaben in der Versorgung in der Wissenschaft zu betätigen. „Aufgrund der Ökonomisierung der Medizin hat eine wissenschaftliche Karriere für jüngere Kolleginnen und Kollegen an Attraktivität verloren“, berichtete der Internist und Kardiologe.

Dies bestätigte Andrea Martini, Vertreterin der Arbeitsgruppe JUNGE DGIM und Sprecherin des Bündnisses Junge Ärztinnen und Ärzte (BJÄ). „Der Workload hat in den vergangenen Jahren spürbar zugenommen, sodass sich eine zunehmende Unzufriedenheit mit der aktuellen Weiterbildungssituation in der jungen Ärzteschaft breitmacht“, erläuterte sie.

Aktuell sei Weiterbildung oft nur ein „Anhängsel“ im klinischen Alltag. Der steigende Arbeitsdruck und der Per­sonalmangel in den Krankenhäusern könne die Qualität der Weiterbildung noch weiter gefährden, be­fürchtet sie.

Martini plädiert deshalb für eine gesonderte Finanzierung der ärztlichen Weiterbildung und einen angemes­senen Personalschlüssel, um eine strukturierte ärztliche Weiterbildung sicherzustellen. „Wichtig ist, dass die Weiterbildung nicht weiterhin aus den Erlösen der Krankenversorgung querfinanziert werden sollte“, sagte sie. Weiterbildung und Patientenversorgung dürften nicht dauerhaft in einem Konflikt zueinander stehen.

„Für eine strukturierte ärztliche Weiterbildung bedarf es einer ausreichenden Anzahl an erfahrenen Fachärz­tinnen und -ärzten, damit diese mit den Weiterzubildenden Fälle eingehend diskutieren und praktische Inhal­te lehren können“, so Martini. Dafür müssten in der Personalplanung der Lehrverantwortlichen Weiterbil­dungs­auf­gaben mit angemessenen Zeitkontingenten berücksichtigt werden.

ER

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