Marburger Bund plädiert für Offenlegung der Verantwortlichkeiten von MVZ

Bremen – Der Marburger Bund (MB) hat den Gesetzgeber aufgefordert, ein öffentliches und frei zugängliches Register für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) beziehungsweise vergleichbare Einrichtungen zu installieren.
Aus diesem Register müsse ersichtlich sein, wie die Besitzverhältnisse sowie die wirtschaftlichen und medizinischen Verantwortlichkeiten verteilt seien, forderten die Delegierten der 139. Hauptversammlung des MB gestern in Bremen.„Um Transparenz für Patientinnen und Patienten zu erreichen, sollte auf dem Praxisschild ein Hinweis auf die Trägerschaft verpflichtend sein.“
Der wachsende Anteil von börsennotierten Unternehmen und Private-Equity-Konstrukten an MVZ bedrohe die Versorgungsqualität, heißt es in dem Beschluss des MB. Aktuelle Untersuchungen gäben Hinweise, dass unter diesen Besitzstrukturen höhere Kosten für die Krankenkassen entstehen: Ein von der KV Bayerns in Auftrag gegebenes IGES-Gutachten habe gezeigt, dass von MVZ, die von Investoren betrieben werden, höhere Rechnungen gestellt werden.
Um Monopolbildungen entgegenzuwirken, schlägt der Marburger Bund eine Begrenzung der kassenärztlichen Sitze pro Eigentümer und Fachrichtung vor. Anhand des geforderten Registers sollen regelmäßig kartellrechtliche Überprüfungen erfolgen können. Die Einhaltung des übertragenen Versorgungsauftrages müsse durch die entsprechende Rechtsaufsicht sichergestellt werden.
Abschaffung des Dritten Wegs
Der Marburger Bund setzt sich zudem dafür ein, dass der als „Dritter Weg“ bezeichnete Sonderweg der Kirchen im Arbeitsrecht abgeschafft wird. Das gelte für die Caritas ebenso wie für die Diakonie und für andere Träger, in denen der „Dritte Weg“ angewandt wird. In diesem Zusammenhang forderte der Marburger Bund die Bundesregierung dazu auf, das kirchliche Arbeitsrecht dem staatlichen Arbeitsrecht anzugleichen.
Der „Dritte Weg“ in Diakonie und Caritas sei völlig antiquiert, heißt es zur Begründung. „Tarife werden zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften ausgehandelt, nicht in pseudoparitätischen Kommissionen ohne Verhandlungsmacht auf der Arbeitnehmerseite.“
Basis des kollektiven Mitbestimmungsrechts sei das Betriebsverfassungsgesetz. Die Zuständigkeit der weltlichen Gerichtsbarkeit für alle arbeitsrechtlichen Fragen mit ihren Sanktionsmöglichkeiten müsse uneingeschränkt gelten.
Notfallversorgung: Keine Kriterien zur Ersteinschätzung vorziehen
Der MB hat an die Bundesregierung appelliert, die Diskussion der im Koalitionsvertrag angekündigten Reform der Notfallversorgung mit allen Beteiligten auf der Grundlage eines neuen Gesetzentwurfs weiterzuführen.
Dabei solle der Auftrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ausgesetzt werden, Kriterien für ein Ersteinschätzungsverfahren zu beschließen. Diesen Auftrag hatte der G-BA von der letzten Bundesregierung im Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz erhalten.
Der MB forderte eine Gesamtreform der Notfallversorgung. „Keinesfalls sollten im Bereich der Ersteinschätzung Fakten geschaffen werden, bevor dieses Gesamtkonzept steht“, stellte der MB klar.
„Solange nicht geklärt ist, wie die unterschiedlichen Versorgungsebenen in der ambulanten Notfallversorgung vernetzt werden sollen und welches Leistungsspektrum sie aufweisen, ist die Etablierung eines neuen Ersteinschätzungssystems zur Patientensteuerung losgelöst von einem Gesamtkonzept nicht sinnvoll.“
Entscheidend werde es bei der Reform in jedem Fall sein, in Zeiten des bereits bestehenden Fachkräftemangels und des zunehmenden Ausscheidens der geburtenstarken Jahrgänge aus dem Berufsleben unnötige Doppelkontakte der Notfallpatienten zu vermeiden.
Gegliedertes Programm für die Weiterbildung
Der Marburger Bund hat die Landesärztekammern aufgefordert, den Weiterzubildenden zur Sicherung einer zeitlich planbaren und qualitativ hochwertigen Weiterbildung ein gegliedertes Programm für die Weiterbildung auszuhändigen.
„Dieser Weiterbildungsplan beinhaltet eine zeitliche und räumliche Auflistung sowie eine detaillierte inhaltliche Beschreibung der Weiterbildungsinhalte einschließlich Nennung einer beziehungsweise eines hierfür jeweils Verantwortlichen“, erklärten die Delegierten.
„Dieses Dokument ist von den Weiterbildungsbefugten und Weiterzubildenden zu unterzeichnen, der ärztlichen und geschäftlichen Leitung zur Kenntnis zu geben, bei Aufnahme der Tätigkeit der beziehungsweise dem Weiterzubildenden auszuhändigen und im e-Logbuch zu dokumentieren.“ Das e-Logbuch sei hierfür von den Landesärztekammern einsehbar, so dass ein fehlender Eintrag überprüft werden könne.
„Die Weiterbildungsevaluation zeigt, dass sehr häufig Weiterbildungsprogramme nicht ausgehändigt werden und somit die Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten im Klinikalltag nicht geplant und strukturiert vollzogen wird“, heißt es zur Begründung.
„Vielerorts werden Kolleginnen und Kollegen in Weiterbildung vorwiegend als günstige Arbeitskräfte genutzt. Ärztliche Weiterbildung darf nicht von Sympathie und Wohlwollen der Weiterbildungsbefugten abhängig sein.“
Einheitliche Regelungen beim Mutterschutz
Darüber hinaus hat der Marburger Bund bundesweit einheitliche Regelungen bei der Entscheidung der zuständigen Behörden gefordert, ob schwangere Ärztinnen ihre Arbeit weiter ausüben dürfen.
Heute sei der Umgang der beaufsichtigenden Behörden mit der Bewertung von Gefährdungsbeurteilungen regional sehr unterschiedlich, erklärten die Delegierten. So komme es dazu, dass in einem Bundesland die weitere Berufsausübung der werdenden Mutter erlaubt ist, in einem anderen jedoch bei gleichem Tätigkeitsbereich unverständlicherweise ein Beschäftigungsverbot gilt.
Das verschärfe die Diskriminierung der schwangeren Ärztinnen, die ihre Berufstätigkeit weiter ausüben wollen und können. „Entscheidungen der zuständigen Behörden müssen auf gleicher Grundlage getroffen werden“, forderte der MB. „Voraussetzung dafür sind ein ämterübergreifender bundesweiter Austausch sowie regelmäßige Schulungen.“
Zudem bat der MB die Bundesärztekammer (BÄK) und die Landesärztekammern, die Vorlage einer mutterschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung für die Weiterbildungsplätze als eine weitere Zulassungsvoraussetzung einer Weiterbildungsstätte zu prüfen.
„Das Unterlassen der präventiven Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ist nicht akzeptabel“, betonten die Delegierten. „Das gilt vor allem für das Unterlassen der Gefährdungsbeurteilung mit der Konsequenz, dass schwangere Ärztinnen von der beruflichen Teilhabe ausgeschlossen werden.“ Besonders betroffen seien schwangere Ärztinnen in der Facharztweiterbildung.
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