Masern: Studie berechnet wirtschaftliche Folgekosten einer niedrigen Impfrate

Palo Alto - In den USA steigt die Zahl der Eltern, die aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen Impfungen bei ihren Kindern ablehnen. Epidemiologen warnen in JAMA Pediatrics (2017; doi: 10.1001/jamapediatrics.2017.1695) vor größeren Masern-Ausbrüchen, die auch wirtschaftliche Folgen haben könnten.
In den USA hat die „vaccine hesitancy“, wie die Impfverweigerung politisch korrekt bezeichnet wird, zugenommen. „Anti-Vaxxer“ gibt es nicht nur in religiösen Gruppen oder bei Immigranten aus anderen Kulturkreisen. Auch „Promis“ lassen über die Medien gerne ihre Skepsis zur Sicherheit von Impfungen verbreiten. Die Folge ist eine sinkende Impfquote, die vor allem bei Masern schnell zu Ausbrüchen führen kann. So traten 2014 bei den Amischen 383 Masernfälle auf. Im diesem Frühling traf es eine Gemeinschaft von somalischen Einwanderern in Minnesota. In Kalifornien kam es Ende 2014 zu einem Ausbruch, der in einem Disneyland-Park seinen Ausgang nahm.
Kalifornien zog die Konsequenzen. In dem Staat werden nur noch medizinische Gründe (etwa eine angeborene Abwehrschwäche) für den Verzicht auf eine Impfung akzeptiert. Ohne Impfpass werden Kinder nicht im Kindergarten oder in der Grundschule angenommen. In 18 anderen Staaten können die Eltern weiterhin die Impfung aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen ablehnen.
Landesweit ist die Impfquote für die MMR-Impfung auf 93 Prozent gesunken. In den einzelnen Staaten sind es zwischen 87 und 97 Prozent. Nathan Lo von der Stanford Universität in Palo Alto kommt in seinen Berechnungen zu dem Ergebnis, dass ein weiterer Rückgang um 5 Prozent zu einer Verdreifachung der Erkrankungen an Masern führen wird. Die Kosten für die zusätzlichen 150 Erkrankungen beziffert Lo auf 2,1 Millionen US-Dollar.
Die Berechnungen sind noch relativ zurückhaltend. Lo hat ihnen einen R0-Wert von 5,7 zugrundegelegt. Der R0-Wert bezeichnet die Zahl von nicht-immunisierten Personen, die ein infizierter Mensch im Durchschnitt ansteckt. Andere Experten gehen von einem R0-Wert von 10 bis 18 aus. Die Masern sind extrem ansteckend. Vor Einführung der MMR-Impfung gab es auch in den reicheren Ländern alle vier bis fünf Jahre eine Masern-Epidemie. Dan erkrankten alle Kinder, die nach der vorherigen Epidemie geboren worden waren und noch nicht über eine Immunität verfügten.
Masern ist nicht die einzige Folge der „vaccine hesitancy“. Der Verzicht auf die MMR-Impfung führt früher oder später auch zu Mumps und Rötelnausbrüchen. Röteln, die bei Kindern meist milde verlaufen, sind in den USA selten geworden. Eine Mumps-Epidemie hat in den ersten sechs Monaten dieses Jahres in den USA zu mehr als 3.500 Erkrankungen geführt.
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